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Die Welt am Draht, das sind Kommentare, Informationen, Gedanken und natürlich News rund um die Welt der Comics und darüber hinaus.

31.08.2009

Disney kauft Marvel?
(Riesendeal)

Comicriese Marvel feiert dieses Jahr seinen 70. Geburtstag und entging in seiner Geschichte knapp einigen Beinahe-Insolvenzen (vgl. Comicgate-Magazin 4, "70 Jahre Marvel - ein Rückblick").
Nun steht ein neuer einschneidender Zeitpunkt bevor: Soeben wurde bekannt, dass Disney "dem Erwerb von Marvel zugestimmt hat" und den Aktionären ein Angebot vorlegen wird. Die Kaufsumme beläuft sich auf etwa 4 Mrd. US-Dollar.
Das Marvel-Portfolio beinhaltet über 5000 Figuren, unter anderem Iron Man, Spider-Man, X-Men, Hulk, Captain America und Fantastic Four, von denen die meisten in erfolgreichen Kinoproduktionen umgesetzt wurden (und damit Marvel aus seiner letzten Krise herausgeholt haben). Die neuesten Marvel-Filme wurden sogar vom eigenen Label produziert.

Mehr Infos bei MarketWatch.

Und David Boller hat bereits seine Interpretation einer möglichen Zusammenlegung dargelegt.

Edit 00.15 Uhr: Wer mehr zum Thema lesen will, dem seien Tom Spurgeons Gedanken empfohlen sowie eine sehr interessante Zitaten- und Link-Sammlung bei The Beat von Heidi MacDonald.


via Twitter (@housetoastonish, @chrisnoeth, @christiannauck)

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posted by Frauke um 16:10 | Permalink


28.08.2009

Rechtsaußen gibt's Hühnchen
(Ein Propaganda-Comic der NPD)

Comics, das ist überhaupt nichts Neues, werden immer wieder gern genommen, wenn Leute meinen, sie müssten "der Jugend" etwas nahebringen. Weil, aufmerksam lesen und zuhören kann die ja eh nicht, also schleust man seine Message quasi heimlich auf Wegen ein, die der Nachwuchs vermeintlich leichter konsumiert. Das Medium als U-Boot. Die Inhalte können dann von christlichen Botschaften (z.B. von Jack Chick) über Umweltschutz in der EU (Trübe Wasser) bis Drogenbekämpfung (Captain America Goes to War Against Drugs) reichen.

Richtig eklig wird's allerdings, wenn solche Comics von Rechtsaußen kommen. Auch hier sind Comics als Medium für politische Botschaften nichts Neues. empfohlen sei hier Ralf Palandts Artikel im Comic-Jahrbuch 2008 oder das Interview mit ihm im Bayerischen Rundfunk (MP3). Palandt berichtet dort auch, dass die NPD bereits mehrfach Comics zu Wahlkampf- und Propagandazwecken eingesetzt hat.

Mit dem Heft Enten gegen Hühner tut sie dies nun im größeren Stil: Im Vorfeld der Landtagswahlen in Sachsen am 30. August verteilt die NPD in einer Auflage von 30.000 Stück ein Comic-Heft, das von ihr selbst als "das erste hundertprozentig politisch unkorrekte Comicheft Deutschlands" bezeichnet wird. Vorbild für die Aktion ist die "Schulhof-CD", mit der es der NPD bereits gelungen ist, ihr Gedankengut unter (vorwiegend ostdeutschen) Jugendlichen zu verbreiten.

So heißt es denn auch auf der Einstiegsseite des Comics: "Das Comic rüttelt wach und gehört in die Hand eines jeden jungen Deutschen. Setzen wir nach der Musikoffensive nun also zur Comicoffensive an den Schulhöfen an." Das Heft, bei dem weder Autor noch Zeichner namentlich genannt sind, soll laut NPD-Ankündigungstext ein "aufwendig gezeichneter Comic im Manga-Stil" sein. Ein Satz, an dem so gut wie nichts stimmt, denn mit Manga hat das Pamphlet absolut gar nichts zu tun. Die "ausgetüftelten Szenarios, pointierten Dialoge und vielen zeichnerischen Details", die die NPD Sachsen in ihrer Pressemitteilung verspricht, sind jedenfalls nicht anzutreffen.

Strenggenommen handelt es sich gar nicht um einen Comic, sondern eher um eine Bildgeschichte, die in Reimform erzählt wird. Die extrem holprigen Verse erzählen eine Tierparabel von Enten, Hühnern und Gänsen. Darin sind die Enten das brave, friedliebende, naive Volk, das eines Tages so viele notleidende Hühner (sprich: Ausländer) gutmütig aufnimmt, bis diese Hühner vollständig die Macht übernehmen und die Sitten verlottern. Helfen können da nur noch die stolzen weißen Gänse aus dem hohen Norden (also quasi tierische Arier). Mit Gewalt versuchen sie die Enten zu befreien, verlieren aber diesen Krieg. Schließlich fliehen die Enten, bauen sich eine neue heile Welt und schwören, diesmal wirklich niemanden mehr rein zu lassen.

Recht wirr und unzusammenhängend ist die Geschichte erzählt, und sie strotzt vor rassistischen Klischees: Die "Hühnerpest" ist faul, "setzt sich ins gemachte Nest" und vermehrt sich dank dem "Überschuss ihrer Lenden". Die Hühner bringen Drogen und Verwahrlosung in die heile Entenwelt und zu allem Überfluss gibt es auch noch Liebe zwischen Erpel und Erpel. Die NPD entlarvt sich hier mit Gedankengut, das inhaltlich nicht weit weg von brauner Propaganda der 30er Jahre ist. Das Ganze wird in einem ungelenken, altbackenen Sprachstil erzählt, für den man eigentlich nur dankbar sein kann. Denn der hat mit der Sprachwelt von Jugendlichen rein gar nichts zu tun. Oder wer hat die Kids um die Ecke schon mal so reden hören: "Der Dämonen Privileg macht das Huhn zum neuen Heiland unsrer Zeit."

Über den Comics schreiben auch die taz und die Süddeutsche Zeitung.

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posted by Thomas um 23:02 | Permalink


23.08.2009

Frisch aus der Druckerei, 8/09
(Comic-Neuheiten im Juli)

HIGHLIGHT DES MONATS: Seit 2007 erscheinen in der Sonntagsausgabe des Berliner Tagesspiegel jede Woche Comics von Flix, Mawil, Arne Bellstorf und Tim Dinter. Die Beiträge von Flix laufen unter dem Titel Da war mal was ... und erzählen kurze Episoden über die zwei Deutschlands, die bis 1989 geteilt waren, immer aus der Sicht eines Menschen, der sich an "damals" erinnert. Rechtzeitig vor dem 20. Jahrestag des Mauerfalls erscheint bei Carlsen ein Hardcover-Band, der die meisten dieser Episoden sammelt. Parallel dazu eröffnete in Berlin eine Ausstellung unter freiem Himmel auf dem Geländer der Gedenkstätte Berliner Mauer. Einige DWMW-Folgen und viele Infos gibt es auf dawarmalwas.de.

Calvin und Hobbes, der wahrscheinlich beste Zeitungsstrip seit den Peanuts (und einer der erfolgreichsten) wird bei Carlsen in einer weiteren Edition neu aufgelegt. Nach den Einzelbänden, die zwischen 2005 und 2008 auf den Markt kamen, gibt es nun Sammelbände in einem größeren Format, die jeweils zwei Einzelbände enthalten. Ausgabe 1 heißt Von Monstern, Mädchen und besten Freunden und kommt inklusive einer farbigen Geschichte, die bisher auf Deutsch unveröffentlicht war.



Bei Panini gibt es die Neuauflage eines alten Comics von Frank Miller, gezeichnet von Simon Bisley. Der One-Shot Bad Boy, eine dreckige Science-Fiction-Story um einen gar nicht lieben Jungen, war schon mal bei Schreiber & Leser auf Deutsch erschienen. Nicht Millers bester Comic, aber für all die neuen Leser, die ihn erst seit den Sin-City- und 300-Verfilmungen kennen, einen Blick wert. Auf mycomics gibt's eine 8seitige Leseprobe.

In Paninis Vertigo-Ecke startet eine neue Serie von Brian Wood (DMZ), in der er sich den Wikingern widmet: Northlanders spielt im Jahr 980 auf der britischen Insel und will ein harter, realistischer Blick auf das Leben der kriegerischen Nordmänner sein. Jeder Storybogen wird von einem anderen Zeichner übernommen, den Anfang macht der italiener Davide Gianfelice. Bei mycomics kann man das komplette erste Heft lesen. Reichlich Infos direkt vom Erzeuger gibt es auch auf northlanders.net. Eine Comicgate-Besprechung findet man im Kri-Ticker.

In der Reihe Neil Gaiman Bibliothek erscheint ein Band namens Geschöpfe der Nacht. Dahinter verbirgt sich ein relativ dünnes Album mit zwei Comicadaptionen von Gaiman-Kurzgeschichten, jeweils gezeichnet von Michael Zulli, der auch bei Sandman mit an Bord war. Eine kleine Kostprobe steht bei mycomics.

Wie berichtet, veröffentlicht Panini jetzt auch Serien des US-Verlags Top Cow, die zuvor beim Infinity-Verlag erschienen sind (der seinem Namen letztendlich dann doch nicht gerecht wurde). Witchblade macht den Anfang und setzt dort an, wo Infinity aufgehört hatte, allerdings nicht mehr in Form von Heften, sondern als Sammelband. Der erste heißt passenderweise Ein neuer Anfang und kann hier probegelesen werden.

Weil die Buffy-Comicserie, in der Joss Whedon die Geschichte um seine Vampirjägerin nach Ende der TV-Serie fortschreibt, als "Season 8" so gut läuft, kommen nun auch noch die alten Buffy-Comics auf den deutschen Markt. Diese erschienen bereits, während die Serie noch lief, und gehören nicht zur offiziellen Buffy-Chronolgie. Mit den Buffy The Vampire Slayer Chroniken folgt Panini leider nicht direkt dem US-Verlag Dark Horse, wo die alten Comics als Buffy Omnibus in richtig dicken Sammelbänden in einem kleineren Format zum günstigen Preis erscheinen. Hierzulande sind Format und Verkaufspreis wie gewohnt.

Es gibt Comics, die auf Romanen basieren, auf Filmen, auf Musikstücken oder auf Spielzeug. Frank Frazetta's Death Dealer basiert auf einem Gemälde. Fantasy-Illustrator Frazetta malte 1973 einen düsteren Reiter mit Axt und daraus entspann sich ein kleines Merchandise-Reich, zu dem Musiker Glenn Danzig in den 90ern auch einen Comic beisteuerte. 2007 erschien bei Image eine weitere Miniserie um den Todeshändler, die nun unter dem Titel Schatten von Mirahan gesammelt bei Panini auf Deutsch vorliegt. Das erste Kapitel gibt's komplett bei mycomics.

Auch für Marvel-Fans hatte Panini im Juli reichlich neuen Stoff: zum Beispiel eine Neuauflage des Klassikers Marvels von Kurt Busiek, der die Geschichte des Marvel-Universums aus der Sicht eines normalsterblichen Fotografen erzählt, umgesetzt durch die fotorealistisch gemalten Bilder von Alex Ross, der 1994, als die Miniserie erstmals erschien, erst 24 Jahre alt war.

Einen ähnlichen Ansatz, nämlich Ursprünge wichtiger Marvel-Figuren neu zu erzählen, verfolgte die Reihe Marvel Mythos. In sechs einzelnen One-Shots widmete sich Autor Paul Jenkins den X-Men, dem Hulk, Ghost Rider, Spider-Man, den Fantastic Four und Captain America. Die grafische Umsetzung erfolgte auch hier durch gemaltes Artwork, nämlich von Paolo Rivera. Alle sechs Hefte zusammen gibt es als Marvel Exklusiv 81: Marvel Mythos, sowohl als Hard- als auch als Softcover. Hier ein US-Preview zu den Fantastischen Vier.

Ebenfalls eine Reihe von One-Shots war in den USA das Marvel-Projekt Legion of Monsters (bei uns als Sammelband in der Reihe Marvel Max). Pro Heft gab es zwei Kurzgeschichten mit einer Figur aus Marvels eher selten genutztem Katalog von Horrorfiguren, wie z.B. Man-Thing oder Morbius the Living Vampire. Interessant wird das ganze durch die beteiligten Autoren und Zeichner. Mainstream-Künstler wie David Finch oder Greg Land treffen auf eher unkonventionelle Leute wie Ted McKeever, Michael Gaydos oder Skottie Young. Unserem Rezensenten Benjamin Vogt hat's ganz gut gefallen.

In der Miniserie Venom: Dark Origin erzählen Zeb Wells und Angel Medina noch einmal die Ursprungsgeschichte dieses Spider-Man-Gegenspielers und konzentrieren sich hier wohl vor allem auf die Figur des Eddie Brock, dem der außerirdische Symbiont als Wirtskörper dient. Das Paperback erscheint als 43. Band der Reihe 100% Marvel. Eine US-Preview gibt's hier.

Wenn man die Comicserie sucht, die 2008 im Internet die meisten Verrisse erhalten hat, landet man wahrscheinlich bei Ultimatum. Mit diesem Crossover-Event wollte Marvel eine große Zäsur in seinem Ultimate-Universum herbeiführen. In einer recht gewalthaltigen Storyline lässt Oberschurke Magneto die halbe Welt untergehen und etliche Superhelden über die Klinge springen. Autor Jeph Loeb scheint hier sehr viel falsch gemacht zu haben, denn gelobt wurde die Serie praktisch nirgends. Statt dessen gab es Urteile wie: "quite possibly be the single worst piece of writing in recorded history". Das können nun auch die deutschsprachigen Leser nachprüfen, im ersten von drei Ultimatum-Sammelbänden.

Neue Genre-Ware aus Frankreich gibt es beim Splitter Verlag: Dort startet die dreiteilige Albenserie Das fünfte Evangelium, die trotz ihrer Cover-Ähnlichkeiten nichts mit dem Videospiel Assassins Creed zu tun hat. Die Story von Jean-Luc Istin (Die Druiden) spielt im 12. jahrhundert in Jerusalem und ist ein Historien-Thriller mit phantastischen Elementen. Eine Leseprobe gibt es hier.

Der Fünfteiler Das Goldene Jahrhundert von Simon Andriveau ist ebenfalls in der Vergangenheit angesiedelt, im 17. Jahrhundert in Frankreich, zur Zeit von Ludwig XIV. Der Verlag verspricht einen Comic "in bester Mantel- und Degenmanier, ganz im Stil von Abenteuerklassikern wie Alexandre Dumas." Antesten lässt sich das hier.

Salleck Publications, dessen Kernpublikum ein eher grauhaariges sein dürfte, versucht mal was ganz anderes: Einen wortlosen Comic für Kinder. Das Katzenschloss, bei dem es vor allem um ein tierisches Fußballspiel geht, wurde vom französischen Kinderbuchillustrator Loïc Jouannigot kreiert, ein paar Seiten daraus kann man hier sehen.

Die Ehapa Comic Collection veröffentlicht eine Sammlung der Zeitungscartoonserie Tundra von Chad Carpenter. Der stammt aus Alaska und startete 1991 seine Cartoons, die er in Eigenregie (ohne professionelle Syndizierung) vertreibt und die mittlerweile in über 150 Zeitungen erscheint. Thema ist die freie Natur, die Wildnis und ihre Bewohner. Viele davon gibt's (auf Englisch) auch online unter tundracomics.com.

Auch Nostalgiker kamen im Juli auf ihre Kosten: Beim Piredda Verlag startete eine Gesamtausgabe von Die Gifticks, einer französischen Serie, die in den 70er Jahren auf Deutsch in Fix & Foxi abgedruckt wurde. Mehr Infos dazu in der Kaukapedia, eine Leseprobe gibt es auf der Piredda-Homepage.

Einer der frühesten deutschen Comichelden ist der Igel Mecki, der von der Fernsehzeitschrift Hörzu ins Leben gerufen wurde, wo bis heute Mecki-Comics erscheinen. Der Esslinger Verlag bringt nun in Mecki - Gesammelte Abenteuer die alten Mecki-Geschichten neu heraus und beginnt mit dem Jahr 1958. Diese Veröffentlichung, die natürlich den damaligen Zeitgeist atmet, löste prompt einen kleinen medialen Sommerloch-Sturm aus, der von Martin Jurgeit beim Tagesspiegel gut zusammengefasst wird.

Das weite Feld der Manga-Veröffentlichungen wird hier bekanntlich weniger ausführlich behandelt, soll aber nicht ganz unter den Tisch fallen. Bemerkenswert ist in jedem Fall der Einzelband Herrscher aller Welten (Carlsen), mit dem Christina Plaka ein weiteres Werk vorlegt. Sie gehört inzwischen zu den festen Größen der einheimischen Manga-Zeichnerinnen. Ihre neue Abenteuergeschichte erschien zunächst als Fortsetzungs-Story im Magazin Daisuki und liegt jetzt als Taschenbuch vor.

Beim "Adult"-Label von EMA startete die Serie Demon Flowers, bei der - zumindest auf dem Cover - ihr ungewöhnlicher Zeichenstil ins Auge fällt. Thematisch geht es um den Kampf von Unterwelt-Dämonen gegen die göttlichen Demon Flowers und das Ausscheren eines Dämons, der anstatt brav zu töten, einen kleinen Jungen verschont und ihn bei sich aufnimmt.

Und zum Schluss noch ein Einzelband (ebenfalls bei EMA adult) aus dem immer größer werdenden Reich der Shonen-Ai-Titel, bei dem mir einfach der wahnsinnig umständliche, aber vermutlich doch ziemlich wahre Titel sehr gut gefällt: Men Who Cannot Be Honest About Their Feelings. Wann schickt Fischmob die Anwälte los?

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posted by Thomas um 11:53 | Permalink


13.08.2009

Mut zur Lücke 500: Oktober 2009 (Jubiläumsausgabe mit Lederbreilöffel!)
(Die monatliche US-Comic-Vorschau)

Der Schwurbel staut sich.

Einen Monat lang, meistens, und dann kommt er raus. Das heißt, zuerst kommt jetzt ja immer die Vorschau vom Schwurbel, und dann erst der ganze Schwurbel. Von den großen Verlagen und den kleinen, und so. Es steht gar nicht viel drin, im Schwurbel, aber viele bunte Bilder hat er, und tausend dünne Seiten, und er ist schöner als wenn die Comics dann endlich da sind. Genau wie beim Christkind ist das, und die Comics ohne den Schwurbel, das wäre wie Allerheiligen ohne Schokoladennikoläuse bei Edeka im Sonderangebot. Aber so ist das halt mit dem Schwurbel und der Marktwirtschaft. Das kann man sich nicht aussuchen.

Außer natürlich, wenn man's rechtzeitig vorbestellt.

Dies ist der Schwurbel über den Schwurbel, für Vorbesteller.


***

COWBOY NINJA VIKING #1
Image Comics/Shadowline Comics, Heft, $ 3.50

Sagen wir mal so: Von Autor A.J. Lieberman hätte ich diesen Comic eher nicht erwartet. Bisher ist Lieberman nämlich eher mit weitgehend innovationsresistenten Geschichten aus dem DC-Universum aufgefallen, deren Ziel es war, treue Komplettisten nicht mit plötzlichen Ausbrüchen von Kreativität zu erschrecken. Am Ende merkt noch einer, dass er seit zwölf Jahren Batman: Gotham Confidential Declassified im Abo hat - die Konsequenzen für den US-amerikanischen Comicmarkt wären verheerend.

Und nun also eine Serie über einen sogenannten "Trilling": einen Spezialagenten mit multipler Persönlichkeitsstörung, der die Welt von seinen zu Attentätern gehirngewaschenen Ex-Kollegen retten soll. Codename: Cowboy Ninja Viking. Da muss sich bei Herrn Lieberman wohl einiges aufgestaut haben während seines schweren Frontdienstes in den Schützengräben des kalkulierten Mittelmaßes. Jedenfalls ist das Konzept der Serie solcher Gestalt, dass man direkt sagen kann, ob man interessiert ist oder eher nicht. Wen die Beschreibung der Reihe nicht auf Anhieb in Verzückung versetzt, der braucht sich die vier Vorschauseiten gar nicht mehr anzusehen.

Zeichner Riley Rossmo macht seine Sache schon mal ganz gut. Wie etwa auch Casanova oder The Great Unknown kommt der Comic in Schwarzweiß plus Highlight-Farbe daher. Schöner Einfall: Die Sprechblasen werden, je nach gerade vorherrschender Persönlichkeit, wahlweise durch ein Samurai-Schwert, einen Colt oder eine Kriegsaxt gekennzeichnet. Das hört sich alles ähnlich verquarzt an wie Chew, und wenn Cowboy Ninja Viking nur halb so gut ist, lohnt sich das Reinschauen auf jeden Fall.

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PLANETARY #27
DC Comics/WildStorm, Heft, $ 3.99

Wenn die Hölle zugefriert, dann kann das nur daran liegen, dass Elijah Snow endlich dort angekommen ist. Nach knapp elf Jahren werden Autor Warren Ellis und Zeichner John Cassaday im Oktober ihr gemeinsames Opus Magnum Planetary wohl tatsächlich gebührend in die ewigen Jagdgründe befördern, mit der lange angekündigten Epilog-Ausgabe #27.

Die Veröffentlichungsgeschichte der Reihe begann, zunächst monatlich, Anfang 1999. Schon nach dem dritten Heft gab es dann immer wieder mal kurze Verzögerungen - bis mit der #15 Mitte 2001 dann für zwei Jahre komplett Schicht im Schacht war. Ab 2003 ging's dann sehr sporadisch weiter, und im Herbst 2006 erschien mit #26 das letzte "reguläre" Heft. Bis Planetary #27 also letztlich - so Gott will - gedruckt und ausgeliefert ist, werden nochmal etwa drei Jahre ins Land gegangen sein.

Gründe für die Unterbrechungen gab es viele. Mal musste Ellis aus gesundheitlichen Gründen Prioritäten setzen; mal war Cassaday mit Projekten wie Captain America, I Am Legion oder Astonishing X-Men beschäftigt; mal wurde Ellis' Festplatte, samt Manuskripten, vom Hund gefressen (oder so ähnlich). Die Form des Autors durchlief dabei so manche Höhen und Tiefen, so hatte man den Eindruck, während Cassaday oft überragend und gelegentlich auch mal nur ziemlich klasse war.

Planetary ist einerseits eine mit fast wissenschaftlicher Akribie betriebene Ausgrabungsstätte der Ursprünge eines von Ellis immer wieder als kannibalisches Monstrum bezeichneten Genres, andererseits eine mit viel Nostalgie und immer auch ein bißchen Spucke im Mundwinkel vorgebrachte Erinnerung daran, wie die US-amerikanische Comic-Landschaft heute aussehen könnte, wenn sie nicht in Folge des Selbstzensur-Wahns der Branche in den 1950er Jahren komplett von den bunt kostümierten Übermenschen vereinnahmt worden wäre.

Unterm Strich bleibt eine der wichtigsten und besten Superhelden-Reihen nicht nur des 21. Jahrhunderts, bissig und pointiert geschrieben von Ellis, und grandios bis atemberaubend realisiert von John Cassaday. Ich wünsche der Serie und ihren Figuren viele Nachdrucke und keine Fortsetzung - außer vielleicht mal in 100 Jahren, wenn ein neuer kreativer Comic-Archäologe sich daran macht, die Schätze der Vergangenheit auszugraben und in einem neuen Licht abzustauben.

***

STUMPTOWN #1
Oni Press, Heft, $ 3.99

In den letzten zehn Jahren haben US-amerikanische Comics einen qualitativen Quantensprung gemacht. Noch nie gab es so viele Autoren und Zeichner, die auf so hohem handwerklichen Niveau Geschichten erzählten, wie das heute der Fall ist - von den Produktionsstandards bei Farbgebung, Lettering und Druck ganz zu schweigen.

Gleichzeitig muss man aber den meisten Redakteuren und Autoren leider immer noch bescheinigen, dass sie zwar solide Handwerker sind, aber letztlich zu sehr den starren Formeln ihrer Genres folgen, eher den Plot als die Figuren in den Mittelpunkt stellen und deshalb nur selten wirklich mit ihren Kollegen aus Prosa, Film und Fernsehen konkurrieren können.

Einer der wenigen, bei denen das anders ist, ist Greg Rucka, der seine Brillanz vor allem mit Queen & Country und Whiteout bewiesen hat. Im Gegensatz zu den meisten seiner Kollegen, ist für Rucka nicht allein die Handlung ein Mittel, Spannung zu erzeugen und seine Leser zu überraschen, sondern er schafft das vor allem über seine Figuren.

Heldinnen wie die Geheimagentin Tara Chace oder die Polizistin Carrie Stetko funktionieren in erster Linie, weil sie glaubwürdige, dreidimensionale Protagonistinnen sind. Sie fesseln, weil ihr Handeln nicht stur den Anforderungen eines Genres oder Plots folgt, sondern stets Produkt und Teil einer authentischen Figur ist.

Kurzum: Man nimmt Ruckas Figuren ab, wie sie handeln, was wiederum ständig Einblicke erlaubt, die nicht nur etwas über die Figuren selbst verraten, sondern über das menschliche Dasein an sich. Das ist große Kunst, und es macht die Comics von Greg Rucka zu großartiger Unterhaltung.

Die Krimiserie Stumptown - der Titel geht auf den Spitznamen für Ruckas Wahlheimat Portland zurück - dreht sich um die Privatdetektivin Dex. Der Comic, den Rucka als seine "Ode an The Rockford Files" (dt. Detektiv Rockford - Anruf genügt) beschreibt, wurde schon vor Jahren das erste mal angekündigt, musste aber immer wieder hinten anstehen, weil der Autor zu sehr bei DC eingespannt oder mit dem Schreiben seiner Romane beschäftigt war.

Sollte die von Matthew Southworth im betont "schattigen" Noir-Stil gezeichnete Serie diesmal wirklich erscheinen, darf man sich wohl wieder auf hochklassige Unterhaltung freuen. Einen Vorgeschmack gibt's hier.


***

KURZ & KLEIN

Astro City: Astra Special #1 und #2 (von 2): Auch bei Comic-Verlagen sind ganz schlaue Füchse am Drücker: Eine 44-seitige Geschichte, die vor einem Jahr noch als Einzelheft für $ 3.99 herausgekommen wäre, erscheint nun in zwei Teilen à 22 Seiten, für jeweils - genau: $ 3.99. Sitten sind das, wie kurz nach der Euro-Einführung. (DC/WildStorm)

Azrael #1: Nein, es geht weder um Gargamels Katze noch um die Adaption eines schlechten Wolfgang-Hohlbein-Romans, sondern um eine Neuauflage des Ersatz-Batmans, der ja damals, Anfang der '90er einmal ... Ach du liebe Zeit, was trägt der da auf dem Rücken ...?! (DC)

Batman: Widening Gyre #3 (von 6): Gut, der Sienkiewicz (ausgesprochen wie "Miller") wird bei dem Titelbild sicher gedacht haben, "Watt soll ett, Hooptsache icke happ meen Spass und die Knete stümmt, wa?" Jüngere Leser müssen allerdings zum besseren Verständnis wissen, dass Kevin Smith früher mal gute Filme und Comics gemacht hat, bevor er sich auf der Suche nach Inspiration zunehmend auf seinen eigenen Bauchnabel fixierte (den er dann freilich zuletzt auch noch aus den Augen verlor). Oder kurz: Boooah nee, jetz' echt? (DC)

Daredevil #501: Es handelt sich hierbei, im Solizitationsjargon, um einen neuen Aufspring-Punkt, denn nach den kataklysmischen Evänten der Ausgabe 500 muss Matt Murdock nun die härteste Dezision treffen, die er je gemacht hat. Im Klartext: Autor Andy Diggle (The Losers) und Zeichner Roberto de la Torre (Ms. Marvel) übernehmen die Serie nach dem Ausscheiden von Ed Brubaker. Monatelange investigative Recherchen haben ergeben, dass mittelfristig eventuell der Kingpin und diverse Ninjas auftauchen könnten. (Marvel)

Dark Reign: The List (die ersten 4 von 8 Einzelausgaben): Wenn Marvels Autoren mal grad nix einfällt, machen sie das, was alle Comic-Leute machen: eine Liste - und zwar nicht irgendeine Liste, sondern eine achtteilige, für vier Dollar das Stück, zu je "48 Seiten", wobei diverse Nachdrucke offenbar mit drin sind. (Marvel)

Deadpool #900: 100 Seiten Gaudi mit: Jason Aaron! Joe Kelly! Fred van Lente! Kyle Baker! ... Rob Liefeld? Die meiste Marvel-Figur der Welt überrundet, nein: zerstört, souverän jede Konkurrenz. (Marvel)

Doctor Voodoo: Avenger of the Supernatural #1: Nein, echt. Mit Autor Rick Remender dürfte man auch den richtigen Mann dafür an der Hand haben, also warum nicht? (Marvel)

The Escapists (Paperback): Brian K. Vaughan, Steve Rolston und Philip Bonds auf dem Roman von Michael Chabon basierende Miniserie, jetzt auch als erschwinglicher Sammelband erhältlich. (Dark Horse)

Haunt #1: Robert Kirkman schreibt, Greg Capullo und Ryan Ottley zeichnen, und Todd McFarlane macht vielleicht auch irgendwas - vielleicht aber auch nicht, jetzt, wo Marvel ihm mit der Marvelman-Geschichte so schlimm den Abend verkotzt hat. (Image)

Hector Plasm: Totentatz (Einzelheft): Keine Ahnung, worum's geht, aber die meinen doch sicher "Totentanz", oder? Und mehr: "Es ist der Nachfolger des Comics, der von Wizard als einer der besten 200 bezeichnet wurde, die während seiner Veröffentlichungsgeschichte herauskamen." Wenn dass mal keine Verkaufsempfehlung ist! (Image)

Iron Man: Iron Protocols (Einzelheft): Der Autor von The Surrogates versucht sich - auf (hoffentlich) kompakten 40 Seiten - an einer Marvel-Figur. Ganz überraschend ist es Iron Man geworden. (Marvel)

Marvel Masterworks: Atlas Era Jungle Adventure, Vol. 1 (Hardcover): Mutlosigkeit kann man Marvels Sammelband-Abteilung definitiv nicht bescheinigen. (Marvel)

One Model Nation (Paperback): Jeder liebt Comics von Rockstars, und deshalb muss jetzt auch der Fronthansel von den Dandy Warhols seinen Senf loswerden. Ich übersetze einfach mal den Vorschautext: "Musik bedeutet Gewalt im Deutschland des Jahres 1977. Während das Land sich noch von den Zerstörungen des Krieges erholt, wehrt sich die Jugend gegen eine unterdrückte Nation [keine Ahnung, steht da halt so]. Ihre einzige Gallionsfigur in dieser brutalen, wohlgekleideten Revolution ist eine Band, die später für immer vergessen werden sollte: Das Model [steht da so, die meinen bestimmt "Das Modell"]." Also: Terror! RAF! Punk! Paralleluniversum! Oder doch nur schlecht recherchierter Tünnef? Schön gezeichnet und designt isses jedenfalls. (Image)

Spider-Man 1602 #1 (von 5): (Dazu fällt mir nichts ein, sorry.) (Marvel)

Strange Tales #2 (von 3): Peter Bagge! Matt Kindt! Michael Kupperman! Tony Millionaire! Jim Rugg! Allerdings doch nicht, wie vom Verlag zunächst angekündigt, auf dem Max-Label, sondern jetzt doch jugendfrei. (Marvel/Marvel Knights)

Sugarshock (Einzelheft): Der mit dem Eisner-Award ausgezeichnete Webcomic von Joss Whedon und Fábio Moon kann ab Oktober auch analog durchgeblättert werden. (Dark Horse)

The Timeless Adventures of the Eternal Warrior (Einzelheft): Paul Grist macht einen auf kosmische Superhelden. Das passt auf den ersten Blick zusammen wie Kakao und Lasagne, aber warum nicht? (Image)

365 Samurai and a Few Bowls of Rice (Paperback): Eine Gräffick-Nowwel von einem gewissen J.P. Kalonji, die in 400 ganzseitigen Panels erzählt (toi, toi, toi) werden soll. (Dark Horse)

Web of Spider-Man #1: Kaine, der schlecht geklonte Spider-Man-Klon, ist wieder da. (Erkennungszeichen: Filzmatte auf dem Kopf und zerfledderte lila Esoterik-Tischdecke um den Hals. Da wusste man immer gleich: aha, der schlecht Geklonte!) Außerdem fand ich beim Umzugskisten-Packen neulich eine noch original versiegelte Schachtel Toffifee mit Ablaufdatum "01.10.2001". Zur Verdeutlichung: Es gibt Kinder, die fließend lesen und schreiben können und noch nicht so lange auf der Welt sind wie diese Toffifees. Als die gemacht wurden (also die Toffifees, nicht die Kinder), da gab's in New York noch zwei Türme, kam auf die Frage "Große Koalition?" im Politikunterricht wie aus der Pistole geschossen "Sechsundsechzig bis Neunundsechzig!" und wir haben alle noch geglaubt, der Ullrich kann radfahren und die Pechstein eislaufen, so lange ist das schon her. Vielleicht nasch ich ja mal eins und warte, bis mir ein Dämon erscheint: als kleiner schwarzer Punkt im Toffifee. Dann weiß ich, dass ich nicht mehr alleine im Raum bin. Hallo? Warum schallt das hier eigentlich immer so? (Marvel)

The Winter Men (Paperback): John Paul Leon zeichnet russische Post-Superhelden. Also Post wie in Apokalypse, nicht Post wie in DHL. The Winter Men ist einer von den Comics, die so gut geredet worden sind, wie sie eigentlich schon rein rechnerisch gar nicht sein können. Auf dem Cover steht bestimmt wieder irgend so ein Einzeiler unter Kollegen: "Bockt voll krassomat. -Warren Ellis", oder so ähnlich. (DC/WildStorm)

X-Men Vs. Agents of Atlas #1 (von 2): Bevor Agents of Atlas mangels Absatzzahlen als Zweitgeschichte zu Incredible Hercules wandert, gibt's einen Zweiteiler, mit dem wenigstens noch schnell ein paar X-Men-Komplettisten angezapft werden sollen. Das bietet sich an, denn die entsprechenden Bohrungen und Rohrleitungen sind ja beim Kunden schon vorhanden. (Marvel)

Der Rechtsweg ist für Links grundsätzlich ausgeschlossen. Die Redaktion weist jede Verantwortung von sich. Sauberkeit und Niveau werden geboten und vorausgesetzt.

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posted by Marc-Oliver Frisch um 14:57 | Permalink


12.08.2009

Verzeichnis für Webcomics
(zentrale Anlaufstellen)

Eine richtige Übersicht wie bei thewebcomiclist.com gab es bisher nicht für deutschsprachige Webcomics. Zwar liefert die Seite ByteComics jede Menge Links für interessierte Fans, aber dort ist alles an Comicseiten vertreten und man muss recht genau wissen, nach was man sucht.

Abhilfe schaffen gleich zwei neu geschaffene Verzeichnisse, in die Ihr nicht nur nach neuem Lesestoff suchen, sondern auch Euren eigenen deutschsprachigen Webcomic oder eine Empfehlung eintragen könnt. Kategorien und Beschreibungen helfen dabei, sich zurechtzufinden:
Webcomic-Verzeichnis


Während das Webcomic-Verzeichnis auf längere Sicht als Portal mit Rezensionen, Artikeln u. ä. geplant ist, geht es beim ZVDW eher um eine "reine" Liste, dafür aber mit zahlreichen Infos zu den einzelnen Comics und vielfältigen Suchoptionen.

Beide Verzeichnisse sind noch in der "Findungsphase". Heißt, wenn Euch etwas auffällt oder Ihr Verbesserungsvorschläge habt, dann beteiligt Euch bitte an den Diskussionen im Comicforum (für Webcomic-Verzeichnis, für ZVDW) oder lasst den Machern über Ihre Seiten eine Nachricht zukommen. Feedback ist ausdrücklich erwünscht und erhofft.

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posted by Frauke um 23:22 | Permalink