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Die Welt am Draht, das sind Kommentare, Informationen, Gedanken und natürlich News rund um die Welt der Comics und darüber hinaus.

29.04.2005

Endspurt für Nachwuchsautoren!
(Panikmache 2005)

Noch etwas mehr als zwei Tage habt Ihr Zeit, durch einen Beitrag zum Thema "Mein größter Fehler (in meinem Leben)" einen einwöchigen Workshop (selbst das Hotel wird Euch bezahlt!) mit dem Drehbuchautor und Verleger Rochus "Robi" Hahn (u.a. Drehbuch zu "Das Wunder von Bern") zu gewinnen. Selbstverständlich ist es Euch überlassen, ob Ihr etwas Autobiographisches präsentiert oder Eure Phantasie spielen lasst.

Bis zum 1. Mai, 23.59 Uhr, muss das höchstens dreiseitige Treatment (rtf-Datei, Schriftart: Arial oder Times New Roman, Schriftgröße 14 pt) beim Verlag Schwarzer Turm eingegangen sein, um diesen genialen Preis gewinnen zu können.

Was zum Teufel überhaupt ein Treatment ist und an welche mail-Adresse Ihr Euren Beitrag senden müsst, erfahrt Ihr auf der Panikmache 2005-Seite.

Und in unserem Interview erzählt Robi ein wenig von sich und auch von dem, was er sich erhofft von den Nachwuchsautoren.

Viel Erfolg!

posted by Frauke um 17:18 | Permalink


26.04.2005

Seufz...
(Dr. Erika Fuchs, 1906 - 2005)

Wie gestern bekannt wurde, starb Erika Fuchs am vergangenen Freitag im Alter von 98 Jahren in München. Sie war die erste Chefredakteurin der deutschen "Micky Maus" und übersetzte lange Jahre die Disney-Geschichten aus Entenhausen. Dabei drückte sie den Comics ihren eigenen Stempel auf und gilt als diejenige, die Begriffe wie "grübel, grübel und studier" in die deutsche (Comic-) Sprache einführte.
Ob es ohne ihre genialen deutschen Texte heute eine Kultgemeinde wie die D.O.N.A.L.D. geben würde? Wohl kaum.

Ein kleiner Web-Rundgang zum Tod von Erika Fuchs:

  • "Ein unreines, höheres Deutsch ist das Fuchsische, eine Kunstsprache aus Alltagslauten und poetischen Tönen, klassischen Zitaten und lakonischen Sentenzen."
    (aus dem Nachruf der Donaldisten, deren Ehrenmitglied Frau Fuchs war)
  • "Es ist nicht zuletzt der gelungenen Sprachartistik von Frau Dr. Fuchs zu verdanken, dass die "Micky Maus" so rasch in Deutschland heimisch wurde. Mit witzigen, geistreichen Dialogen deutschte sie die Geschichten nicht nur ein, sondern gab Ihnen eine zugleich intelligente und gehobene Sprachebene mit auf den Weg."
    (aus dem Nachruf des Egmont Ehapa Verlags)
  • "Erika Fuchs machte aus den manchmal drögen, mitunter sperrigen oder schlicht banalen Sätzen der amerikanischen Vorlagen funkelnde Kleinode. Jedem Entenhausener schrieb sie eine eigene Sprache auf den Leib. So wurde Onkel Dagobert zum distinguiert parlierenden Herren, Donald hielt sein geknicktes Ego durch pompöse Übertreibungen aufrecht und die Kinder reden so hektisch, dass die Sätze in den verschiedenen Sprechblasen ineinander übergehen."
    (Spiegel Online)
  • "Und so scheute sie sich nicht, der Barks'schen Entenhausen-Combo Schiller-Zitate in die Sprechblasen zu schreiben, auch vor einem gediegenen Endreim hatte sie keine Angst. Sie brachte Geist und Witz in die Comics, der so vielleicht gar nicht geplant war. Machte ganz nebenbei so manchen mit dem richtigen Gebrauch von Genitiv und Konjunktiv bekannt."
    (Die Presse, Wien)
  • "Also ich habe '51 das erste Mal gesehen, daß es überhaupt Comics gibt. Das gab's ja bei uns nicht. Die ganzen 30er Jahre und auch die 40er, nein, das gab es einfach nicht. Und ich war zuerst wirklich außerordentlich verblüfft. Die vielen Bilder auf einer Seite, dann die Sprechblasen. Also ich sagte spontan, das geht in Deutschland nicht. In Deutschland gab es als Jugendzeitschrift "Das Kränzchen", den "Guten Kamerad", die hatten, glaube ich, 30.000 Auflage. Also ich hielt das für ausgeschlossen. Aber die Herren lachten nur und sagten: "Nein, nein, das geht in Deutschland auch. Nehmen Sie das mal mit, in einem halben Jahr kommen die Leute von Disney, machen Sie eine Probeübersetzung und dann sehen wir weiter."
    (Erika Fuchs in einer 11 Jahre alten Radiosendung des Deutschlandfunks, mit Hörproben)
  • Artikel zu Erika Fuchs in der BarksBase
  • Zahlreiche Zitate in Wort und Bild bei Zippo
  • Der "Erikativ"
    (Eintrag in der Wikipedia)

posted by Thomas um 10:49 | Permalink


25.04.2005

Sascha Thau im Fernsehen
(live und in Farbe)

Sascha Thau, seines Zeichens Autor und Zeichner von "Der Kosmopolit" (bei Zwerchfell) und Kolumnist bei Comicgate ("Comics essen Seele auf"), wird am 27. April live von 16 bis 18 Uhr als Gast bei NBC GIGA TV auftreten. Pro Stunde wird er drei Takes à fünf Minuten haben und über den Beruf Comiczeichner sowie das Comicmachen sprechen.
Hier steht, wie man GIGA empfangen kann - z.B. über's Internet im Livestream.

posted by Frauke um 23:46 | Permalink


Radar Love
(Random Thoughts)

  • Abt. "Da hätten wir auch vorher drauf kommen können": Marvels großes Ding dieses Jahr soll ja "House of M" werden, ein Riesencrossover, dass das Marvel-Universum "in seinen Grundfesten erschüttern wird und nach dem nichts mehr so sein wird, wie es mal war"[TM]. In dieses Crossover wird auch eine "The Pulse"-Ausgabe für 50 Cent eingebunden, die auf dem Titelbild den allseits beliebten Menschenhasser und Superschurken Magneto zeigt. So weit, so gut.

    Allerdings gibt es da Probleme, die mich einmal mehr daran zweifeln lassen, dass Marvel und DC von verantwortungsbewussten Erwachsenen geleitet werden. Das Problem ist in diesem Fall, dass das Magneto-Bild auf einem Photo von Spaniens König Juan Carlos basiert, das zu allem Überfluss auch noch per Copyright geschützt ist.

    Coverartist Mike Mayhew hat sich bei dem Photo übrigens durchaus mehr als nur "inspirieren" lassen, wie diese "Gegenüberstellung" bei "The Great Curve" zeigt. Insignien an Kragen und Ärmel? Check. Fünf Orden? Check. Schulterabzeichen? Check. Ehering? Check. Tapete im Hintergrund? Check. Es pauschen ja auch andere Comiczeichner ab, das ist kein Geheimnis, aber das hier geht über ein normales Maß an "Inspiriertheit" hinaus. Wenn ich bis zum Ehering alles übernehme und dann ein Gesicht draufsetze, dann wird es schwer da mit künstlerischer Freiheit rauszukommen. Mal ganz abgesehen davon, dass das wie schlecht gephotoshopt aussieht. Die indirekte Gleichsetzung eines beliebten Monarchen mit einem massenmordenden Superschurken ist auch nicht allzu geschickt. Marvel stehen also eventuell Streitigkeiten mit der PR-Abteilung des spanischen Königshauses und dem Anwalt des Photographen ins Haus. Hoffen wir, dass sich die Publicity die man so gewinnt am Ende lohnt. Mich erinnert das alles an den "Prinzessin Diana in X-Static"-Stunt, den man 2003 abgezogen hat und bei dem Marvel letzendlich doch kalte Füße bekam.

    Ich erwarte von meinen Comicverlagen nicht mehr viel, aber Marvel ist im Filmgeschäft, neben der Politik vielleicht Amerikas größtem Haifischbecken, sollte man da nicht glauben können, dass irgendjemand sowas bemerkt und den Stecker zieht, bevor das Cover publik gemacht wird und die Rechtsstreitigkeiten anfangen? Ich gehe ja gar nicht davon aus, dass jeder bei Marvel jedes Photo kennt, das je veröffentlicht wurde. Das ist unmöglich. Aber fragt man nicht zumindest den Künstler: "Hast du Photoreferenzen benutzt? Hast du die genügend verfremdet um Ärger zu vermeiden? Soll unsere Rechtsabteilung nochmal einen Blick drauf werfen?"

    Jesses, Kindergarten...

  • Und bleiben wir gleich mal beim "Kindergarten". Das erste Photo vom Superman-Kostüm für den 2006 erscheinenden "Superman Lives"-Film ist veröffentlicht worden. Änderungen: ein kleineres, dreidimensionales "S" auf der Brust, ein zusätzliches "S" an der Gürtelschnalle und etwas abgedunkelte Farbtöne. Wie zu erwarten war hat diese schockierende Vergewaltigung des originalen, von Gott gegebenen, in Stein gemeißelten und nicht zu verändernden Supermankostüms Schockwellen in der Comicwelt erzeugt.

    Die Farben müssen heller sein! Heller sage ich euch! Heeelleeeer! Die sind zu dunkel! Ihr Wahnsinnigen, ihr habt Superman ruiniert! Und das "S" ist viel zu klein! Wie soll den jemand Superman ernst nehmen wenn er nur so ein kleines "S" auf der Brust hat? Das hat ja so gar keinen Effekt! Die Leute im Kino werden lachen über Superman und ihn nicht ernst nehmen! Oder im O-Ton: "BWA-HA-HA-HA-HA-HA-HA-HA-HA-HA-HA. Nobody is going to take this movie seriously. What a waste."

    Andere Kommentatoren präzisieren ihre Kritik:

    "Yep, totally gay."

    "Sorry, but the suit is gay in every sence [sic] of the word."

    "Sorry? that costume is SUPER gay."

    "Kevin Spacey as Lex Luthor thats GAY and I can say it because Iam one and proud of it."

    "[I]f he had two curly locks I would say it just looks Jewish. If he had a Mohawk or a red dot on his forehead I would say it just looks Indian. Blue tights, and tiny girly shield? looks gay. If the shoe fits?"

    Und mindestens einen Kunden hat AOL/Time Warner mit diesem Bild schon verloren:

    "This picture officially killed any desire to see this movie."

    Das geht so über ganze zehn Seiten weiter. Und das ist nur Newsarama, ich habe mich gar nicht auf Millarworld, das Bendis Board oder ins - Gott steh uns bei - John Byrne Forum gewagt. Irgendwo führt Graeme gerade einen Freudentanz auf. Was genau hat es mit diesem Reflex auf sich, nach so einer Kostümveröffentlichung sofort durchzudrehen und rumzujammern, wie fürchterlich "schwul" das Kostüm sei und dass niemand "diese" Version Ernst nehmen würde. Wenn ich im Feuilleton der Süddeutschen oder der FAZ den ersten Kritiker lese der schreibt "Hätte ein guter Film werden können, aber das viel zu kleine "S" auf Supermans Brust hat verhindert, dass ich ihn genießen konnte. Nach zwanzig Minuten habe ich den Saal verlassen, weil mir körperlich schlecht geworden ist von den zu dunklen Farbtönen. Mit so einem schwulen Kostüm konnte ich den Film einfach nicht Ernst nehmen", dann bin ich bereit mich bei Newsarama zu entschuldigen. Bis dahin: Get a grip!

    Ich habe auch Probleme mit dem Kostüm, aber das liegt daran, dass es ein Comickostüm ist, dass in der Realität immer albern wirkt. Ein Kerl im Strampelanzug, mit der Unterhose außen und einem Cape... das ist eine fiese Kombination, aus der man nicht viel machen kann. Dann wiederum ist Supermans Kostüm so weit bekannt, dass es als Teil der Popkultur auch von den Leuten akzeptiert wird, die keine Comics lesen. Das ist nur marginal veränderbar ohne sich den Zorn von Fanboys und die Verwirrung von Nichtkennern zuzuziehen. Wen Superman auf einmal ein schwarzes Kostüm, ohne übergezogene Unterhose und Cape trüge, dann würden sich die Nichtcomicleser wundern, warum Superman sein Kostüm nicht trägt. (Erinnert sich noch jemand an das Chaos als Superman ein Energiewesen war?) Aber wenn das Massenpublikum bereit ist Strampler, Cape und Unterhose zu akzeptieren, dann wird es sicher nicht durchdrehen, Popcornverkäufer lynchen und Kinos anzünden weil es findet, dass Supermans "S" zu klein ist. Mal ganz abgesehen davon, dass ich mir ein debil-pubertäres Grinsen nicht verkneifen kann wenn ich das tippe: Supermans "S" ist zu klein... hihihi...

  • Weg vom Negativen, hin zum Positiven. "Flight - Volume II ist draußen, der zweite Teil von Images Comicanthologie. Okay, ich habe den Comic noch nicht gelesen, also ist das hier nur Vorfreude, aber ich freue mich immer wenn solche Kurzgeschichtensammlungen erscheinen und "Flight I" war immerhin ein ganz großes Ding. 400 Seiten Comicgeschichten von jungen Talenten, die ich zum Großteil nichtmal kenne, das klingt interessant. Die Auszüge, die man auf der Website angucken kann, sehen auch durch die Bank weg ziemlich hübsch aus. Außerdem finde ich das Coverdesign hier wirklich richtig schön. Wobei ich noch nicht gecheckt habe, ob das nicht doch in Wirklichkeit Juan Carlos ist, der da sitzt...

    Zudem hat diese Rezension von Ian Brill mein Interesse an Sharknife geweckt. Klingt so, als wenn ich als Videospielenarr aus den Neunzigern hier die Zielgruppe bin. Was mir aber auch zu denken gibt: Hoffentlich ist "Sharknife" nicht bloß einer dieser "Generation Golf - Weißt du noch wie toll die 80er waren?"-Retrotrips für meine Altersgruppe und hoffentlich bin ich noch so jung, dass Comics, Bücher und Fernsehen noch kein Interesse daran haben, meine Jugend in mundgerechte Retrostücke zu schnetzeln und sie dann den Pokèmon-Kiddies in leicht ironischer und stark simplifizierter Form zum Fraß vorzuwerfen.

  • Paul O'Brien fragt sich diese Woche, was es mit Marvels erfolgreichem Lizenzgeschäft auf sich hat und wie "House of M" da rein passt:

    "[M]arvel will sich als Markenname etablieren. Sie müssen einen Weg finden um [ihre] so zu positionieren, dass sie Leser in die wunderbare Welt von Marvel einführen, wo die Leser dann (hoffentlich) überzeugt werden auch an anderen Marvelcharaktren Interesse zu finden. Das hat für den Verlag in der Vergangenheit wunderbar funktioniert, damals als die Leser noch vorsichtig dahingehend trainiert wurden, Fans von Marvel zu sein und nicht nur Fans von bestimmten Charakteren oder Künstlern. [...] Es gibt heutzutage kein wirklich loyales Marvel-Publikum mehr, das wirklich jeden Comic kaufen würde, nur weil er von Marvel kommt.

    Darum hat Marvel heutzutage solche Probleme neue Titel zu veröffentlichen, zumindest ohne sie heftigst zu bewerben. Es ist außerdem, ob man das nun mag oder nicht, ein starkes wirtschaftliches Argument für den Versuch wieder das Marvel Universum selber als Verkaufsgegenstand zurückzubringen. Was vielleicht ein weiterer Grund ist, warum wir Comics wie "House of M" bekommen und warum das Konzept der Kontinuität zwischen einzelnen Serien nach einigen Jahren im Limbo sein Comeback macht.
    "

    Wie immer ist in O'Briens Artikel mehr zu finden. Lesen.

  • posted by Björn um 11:11 | Permalink


    24.04.2005

    Frisch aus der Druckerei, 11/05
    (Comic-Neuheiten der Woche)

    HIGHLIGHT DER WOCHE: Frank Zappa, der Ende des Jahres seinen 65. Geburtstag feiern würde, bekommt eine Hommage in Comicform - Zappaesk von Andreas Rausch feiert den Künstler in einem 240 Seiten dicken Schwarzweiß-Taschenbuch, vermischt biographische Fakten mit Songtexten und erinnert graphisch an Underground-Hippie-Helden wie Robert Crumb oder Gilbert Shelton. Bei Zweitausendeins hätte mich das weniger überrascht, bei Ehapa allerdings schon. Für den Mut, mit so einem Projekt total gegen den Zeitgeist zu steuern, gibt's das "Highlight der Woche".

    Ebenfalls bei Ehapa erschien Zoe - Chaos-Tage von Lolle Holzmann. Ähem, Lolle Holzmann ist die Hauptfigur der ARD-Vorabendserie "Berlin, Berlin", und die ist Comiczeichnerin. Die gibt's also gar nicht "in echt". Darum hat Ehapa Dirk Bertram als Ghostwriter und Christian "Mana" Nauck als Ghostzeichner engagiert. Mehr dazu erzählt Mana im Comicgate-Interview. Und ich warte jetzt auf Comics von Buffy Summers, Jack Bauer und Carrie Bradshaw.

    Die Disney-Ecke von Ehapa sammelt in dem Band Die Drachenritter eine lange Geschichte, die zuvor als Zwölfteiler im Donald Duck Sonderheft abgedruckt wurde. Darin verschlägt es die Ducks in eine Fantasywelt, wo sich Tick, Trick und Track mit drei Babydrachen anfreunden.

    Neu im Programm von Reprodukt ist Klassenfahrt, ein Gemeinschaftsprojekt, das in einem Seminar des Fachbereichs Gestaltung an der Hamburger Hochschule für angewandte Wissenschaften entstand, wo die Comickünstler ATAK und Anke Feuchtenberger (Gast-) Professuren innehaben. Erzählt werden Kurzgeschichten, die sich um das Thema Klassenfahrt drehen. Dabei setzen die Jungs die Geschichten der Mädchen zeichnerisch um, und umgekehrt. Mein Ersteindruck beim kurzen Durchblättern: graphisch ist das meiste eher in der Kunst-Ecke angesiedelt, also näher bei den beiden Professoren als z.B. bei Mawil, der das Cover zu diesem Band beisteuerte.

    Bleiben wir noch kurz bei der Kunst: der Avant-Verlag hat das neue Label "Edition Ignatz" gegründet und startet mit dem aktuellen Band von David B., Babel: surreale Traumgeschichten aus der Kindheit des Künstlers.

    Im regulären Avant-Programm erscheint Fats Waller, eine Graphic Novel vom Italiener Igort ("5 ist die perfekte Zahl") und dem Argentinier Carlos Sampayo. Erzählt wird von einem Jazzpianisten, der im New York der 30er Jahre Karriere macht, aber auch vom spanischen Bürgerkrieg.

    posted by Thomas um 18:04 | Permalink


    23.04.2005

    Panikmache 2005
    (Comic-Wettbewerb)

    Vor wenigen Minuten wurde im Comicforum das Thema für den Wettbewerb "Panikmache 2005" (veranstaltet vom Verlag Schwarzer Turm mit unterstützung von Comicgate) bekannt gegeben: es lautet "Mein größter Fehler".
    Zeichner haben jetzt genau 24 Stunden Zeit, zu diesem Thema einen sechsseitigen Comic zu Papier zu bringen. Auf geht's!
    Zum gleichen Thema gibt es auch einen Autorenwettbewerb - hier hat man immerhin eine Woche Zeit, um ein Treatment einzusenden.
    Alle Details findet ihr beim Schwarzen Turm. Es winken jedenfalls verlockende Preise: für die talentiertesten Autoren ein Workshop mit Rochus "Robi" Hahn, für die Zeichner eine Veröffentlichung in "Panik Elektro" oder hier bei Comicgate.

    posted by Thomas um 20:10 | Permalink


    21.04.2005

    My Travels into Manga: Blame!
    (Comictheorie/Subjektive Rezension)

    Vor einiger Zeit habe ich im Kri-ticker den ersten Band "Blame!" rezensiert und betont, dass das alles wahnsinnig interessant aussieht, toll designt ist und auch wuchtige Action bietet, dass die Storyline sich aber nur Mikrometer voranbewegt, was sich hoffentlich in den nächsten Bänden ändern würde. Im Comicforum wiesen mich dann INKplosion-Mastermind Michael Vogt und Comicgate-Kollege Sascha Thau darauf hin, dass sich das eben nicht ändern würde. Ich habe mich dann auf diese Urteile verlassen und "Blame!" erstmal nicht in meine weiteren Comickäufe einbezogen. Nun erhielt ich die Chance die folgenden Bände ohne eigenes finazielles Investment zu lesen und ich muss mich bei Sascha und Micha bedanken, dass sie mir hier geholfen haben, Geld zu sparen. Mir ist mit "Blame!" etwas passiert, das mir bis dato noch nicht untergekommen ist:

    Ich war mit dem Manga vollkommen überfordert.

    Ich lese Comics seit der Zeit, als ich lesen gelernt habe, eigentlich relativ konstant. Da waren ein oder zwei Jahre, in denen ich zu "erwachsen" für Comics war, aber die Phase hat sich gelegt. Ich würde also von mir behaupten, dass ich in der Lage bin, die in Comics genutzte Bildsprache zu verstehen und zu interpretieren, aber in diesem Fall hat es mir wirklich den Boden unter den Füßen weggezogen.

    Wenn ich im Titel "Subjektive Rezension" schreibe, dann meine ich damit nicht, dass meine anderen Rezis wirklich "objektiv" sind. Sowas gibt es nicht, weil Comics Kunst sind und es da keine allgemeingültigen Maßstäbe für gut und schlecht gibt, sondern immer nur Präferenzen des Rezensenten. Aber in diesem Falle ist meine Bewertung halt noch subjektiver, weil ich hier etwas gelesen habe, bei dem mir der theoretische Unterbau fehlt. Ich weiß nichts von der historischen Entwicklung von Mangas, den verschiedenen Stilen und Stilmitteln oder dem kulturellen Background. Als ich also "Blame!" las, habe ich den Manga losgelöst von seiner kulturellen Herkunft gelesen, gleichzeitig aber das mentale Rüstzeug mitgebracht, dass ich mir in den Jahren zulegte, in denen ich US-Hefte und die Francobelgs gelesen habe. Viel subjektiver geht es also nicht mehr.

    Das war eine enttäuschende, aber doch lehrreiche Erfahrung, denn ich habe mit "Blame!" aus erster Hand erfahren, was es mit dem Begriff "Lesekompetenz" für Comics auf sich hat. Wenn ich einen US-Comic bekomme habe ich normalerweise keine großen Probleme, ich kann Sprechblasen den Sprechern zuordnen, weiß wie das mit den Captions funktioniert, ich verstehe wie das Vergehen von Zeit in Panelform dargestellt wird und wenn ich eine Comicseite sehe, dann weiß ich normalerweise, wie ich sie zu lesen habe, also mit welcher Sprechblase ich in welchem Panel beginne und wie ich mich von da voranarbeite. Ich besitze die gewisse Arroganz, dass ich bei einem US-Comic, bei dem mich der Seitenaufbau irritiert, das dem Künstler anlaste und weniger meiner eigenen "Lesekompetenz". Eben weil ich mit der Mehrheit der Comics zurechtkomme.

    Menschen die sich mit Comics auf einer theoretischen Ebene beschäftigen, verweisen immer wieder darauf, dass diese "Lesekompetenz" antrainiert werden muss und nicht automatisch gegeben ist. Menschen, die Comics seit langer Zeit lesen, haben bestimmte Mechanismen so weit automatisiert, dass sie in der Lage sind, eine Comicseite in kleine "Chunks" aufzuteilen, während Neuleser - vor allem die, die im Erwachsenenalter auf Comics stoßen - die Seite als ganzes sehen und nicht so recht wissen wie sie sich dieser Seite nähern und wie sie sie bezwingen sollen. Das kann schon für einen relativ klaren und strukturierten Seitenaufbau wie ihn etwa Dave Gibbons in "Watchmen" benutzt (3 x 3 -Gitter) gelten, das ist aber definitiv wahr wenn man auf sowas wie "Spawn" stößt. Ich denke, diese Theorie passt. In "Micky Maus"-Comics, mit denen die meisten von uns angefangen haben werden, geht man nicht davon aus, dass die Leser immer in der Lage sind dem Seitenaufbau zu folgen. Wenn ein oder zwei Panels aus der üblichen "von links nach rechts und von oben nach unten"-Struktur ausbrechen lassen sich meist Pfeile finden, die darauf verweisen welches Panel man als nächstes lesen muss. Mit der Zeit ignoriert man diese Pfeile, weil man "verstanden" hat, wie man eine Seite liest, aber für Anfänger sind diese Hilfestellungen ungemein nützlich.

    Und damit haben wir nur über den Seitenaufbau gesprochen, wir haben noch gar nicht die "Bildgrammatik" in Angriff genommen. Wie interpretiere ich die Mimik von Charakteren? Wie verstehe ich Bewegungslinien? Aha... diese drei Striche vor der Stirn des Charakters symbolisieren "Überraschung". Zu dem Zeitpunkt an dem Spider-Man "Ich muss den Kerl stoppen", denkt, hat er sein Netz noch nicht abgeschossen, obwohl beides im selben Panel stattfindet. Das sind Dinge, die für uns ganz selbstverständlich sind, die aber ein Neuleser erst lernen muss.

    Manga haben den großen Durchbruch bei Kindern und Jugendlichen geschafft, die wenig bis keinen Kontakt mit US-Comics oder den Francobelgiern hatten. Sie sind da also mit einem unverstellten Blickwinkel herangegangen, ohne bestimmte Erwartungen wie eine Seite aufgebaut sein muss, oder welches zeichnerische Mittel was ausdrückt. Sie haben die Mangagrammatik von Null an gelernt, hatten aber eben den Vorteil, dass diese Mangagrammatik sich nicht mit einer Superheldengrammatik oder ähnlichem in die Quere kommt. Als ich allerdings "Blame!" las hatte ich die Superheldengrammatik und die Indiegrammatik der US-Comics weitesgehend verinnerlicht. Dementsprechend bin ich sicher, dass ich bestimmte Hinweise nicht verstanden habe, weil ich nach den falschen Hinweisen gesucht habe oder vorhandene Hinweise nicht verstanden oder falsch interpretiert habe. Das funktioniert wahrscheinlich in beide Richtungen: In Mangas wird oft ein Schweißtropfen an der Schläfe als Symbol genutzt um eine "unangehme" oder "peinliche" Situation darzustellen. Ein Stilmittel, dass in US-Comics in der gleichen Situation nicht genutzt wird. Ein Manga versierter Leser könnte also eine peinliche Situation falsch verstehen, weil er nach einem visuellen Clue sucht, der nicht vorhanden ist.

    Soviel zur Theorie, jetzt zur Praxis. Ich schrieb oben schon, dass ich von "Blame!" heillos überfordert war und das ist keine Übertreibung. Eigentlich besteht "Blame!" aus drei Elementen, die immer und immer wieder wiederholt werden. Unser Protagonist Killy marschiert über mehrere Seiten durch ein "Cyber Dungeon", dann trifft er auf eine Person. Ein paar sehr kryptische Worte werden gewechselt und ein Kampf beginnt. Über zehn Bände hinweg wiederholen. Hin und wieder wird das Schema aufgebrochen, aber nicht übermäßig oft. Gerade die Kämpfe und Actionszenen sind es, die mir Kopfschmerzen bereiten. Ich habe oft die Übersicht verloren, wozu zwei Faktoren beitrugen, wobei der erste wahrscheinlich zu den oben geäußerten Gedanken zur "Leskompetenz" gehört. Ich wußte manchmal nicht, wie ich eine Seite angehen sollte. Ich habe zwei, drei Panels gelesen und war mir dann nicht sicher, ob ich sie wirklich in der richtigen Reihenfolge gelesen habe. Das gleiche passiert mit Sprechblasen. Wenn es zwei Sprechblasen gibt, dann fange ich mit der oberen an, auch wenn sie oben rechts zu finden ist. Es kann aber eben hier sein, dass ich diese Sprechblase als zweites Lesen müsste. Zudem hatte ich manchmal Probleme die Sprechblasen eindeutig Charakteren zuzuorden, besonders wenn während des Sprechens noch eine Handlung auf der Seite stattfand. Ich bin es einfach zu sehr gewohnt, dass eine Sprechblase diesen "längeren Schwanz" hat, der grob in Richtung der sprechenden Person deutet. So ein "Schwanz" ist hier eher rudimentär vorhanden.

    An dieser Stelle muss ich sagen, natürlich auch ganz subjektiv, dass einer der am häufigsten Kritikpunkte an "Blame!" von mir als Vorteil verstanden wurde. Der Comic ist gespiegelt, so dass man ihn von vorne nach hinten und nicht in asiatischer Manier von hinten nach vorne lesen muss. Ich verstehe die Aussage, dass sowas das "Gefühl" zerstört, aber es hat mir eine Last von der Schulter genommen. Beim Lesen des ersten Bandes von "Plantes" (ungespiegelt) merkte ich, wie ich immer wieder in mein europäisches Leseverhalten geschliddert bin. Wenn ich nicht voll konzentriert war, fing ich eine Seite oben links an und merkte erst nach zwei oder drei Panels, dass ich hier "gegen den Strich" gelesen habe. Sehr ärgerlich. Sowas ist mir darum beim "Blame!" nicht passiert, was meinem Verständnis aber nicht zwangsläufig geholfen hat.

    Zu oft passierte es in den Actionszenen, dass ich einfach den Übergang von einem Panel zum nächsten nicht verstanden habe. Das ist wie im Film: zwei Einstellungen die in einer Szene stattfinden, müssen organisch wirken. Der Zuschauer darf den Perspektivwechsel nicht bewusst wahr nehmen, er darf auf keinem Fall seine Referenzpunkte zu verlieren und sich in der Szene erst neu orientieren zu müssen (etwas dass auch Computerspieledesigner lernen sollten). Genau das ist mir hier aber häufig passiert. Ich konnte nicht abschätzen ob zwischen zwei Panels nur ein Sekundenbruchteil oder gleich ein paar Sekunden vergangen sind. Manchmal gab es Panels, die für mich keinen Sinn gemacht haben. Da explodierte meist etwas, oder etwas geschah in einem Close-Up, aber ich verstand nicht was nun genau stattfand. Ich vermute, dass ich so einige Schlüsselmomente schlichtweg versäumt habe, weil ich nicht wusste wie sie zu verstehen sind. Manchmal habe ich ein Panel über eine halbe Minute lang angesehen und hatte immer noch keine Ahnung, was da gerade passiert. Im schlimsmten Fall sorget das dafür, dass ich drei oder vier Panels brauchte um wieder zum alten Lesefluss zurückzukommen und um einigermaßen zu begreifen, wie es nun weitergeht. Es heißt, dass ein Zeichner seinen Job nicht erledigt hat, wenn der Autor zu Captions greifen muss um zu erklären, was wir gerade auf der Seite sehen. Das stimmt leider im Umkehrschluß nicht. Wenn ein Autor keine Captions setzt, heißt das nicht, dass eine Seite automatisch verständlich ist. Hier hätte ich mir Captions gewünscht, die mir ein wenig erklären, was gerade passiert. Quasi so wie die Pfeile in den "Micky Maus"-Heften, eine kleine Hilfestellung für mich als Leser.

    Ebenfalls hatte ich Probleme mit den Charakteren. Die sahen für mich alle gleich aus (jaja, verdammter Rassismus), bzw. hatten alle das gleiche Gesicht. Die meisten Charaktere tauchten auf und starben sofort, aber einige Charaktere kamen nach mehreren Kapiteln nochmal wieder und häufig habe ich nicht bemerkt, dass wir diese Charaktere schonmal gesehen haben. Eben weil sie so ähnlich aussehen und weil es kaum Hinweise im Text gibt. "Blame!" verlässt sich sehr stark darauf, dass man die visuellen Hinweise versteht, was für einen unbedarften Leser wie mich eben fürchterlich demotivierend sein kann. Diesem Umstand habe ich es wahrscheinlich auch zu verdanken, dass ich selbst am Ende des letzten Bandes nicht erzählen konnte, worum es nun eigentlich genau ging. Ich glaube (!) eine Grundgeschichte verstanden zu haben, aber da sind zu viele Elemente die für mich keinen Sinn machen, zu viele Ereignisse die ich nicht verstanden habe und zu viele Charaktere, deren Funktion mir nicht klar wurde. Irgendwann nach Band 4 oder 5 fühlte ich mich desorientiert und wartete auf ein Erklärungskapitel, irgendwas, dass mir hilft die verlorenen Fäden wieder in die Hand zu nehmen und mich dann vorwärts zu bewegen.

    Aber sowas passierte eben nicht. Es passierten mehr Ereignisse, die in den spärlich vorhandenen Dialogen nicht wirklich erklärt wurden und die mich dann nur noch weiter irritierten. Ich hoffte dann, dass am Ende alles zusammengeführt würde, aber auch davon habe ich nichts gemerkt. Mir wurde gesagt, dass man halt die Hinweise im Text erkennen und verstehen müsse, damit das alles Sinn mache, aber ich war so sehr damit beschäftigt die künstlerische Struktur von "Blame!" zu bewältigen, dass ich nur wenig Gelegenheit hatte ausgiebig über inhaltliche Elemente nachzudenken. Außerdem glaube ich, wie gesagt, dass ich bestimmte Nuancen einfach verpasst habe, weil ich sie nicht verstand. Das Resultat war, dass ich gegen Ende des Manga immer gelangweilter wurde. Die Zeichnungen, dieser gigeresque Stil der Landschaften und Monster, das fand ich immer noch richtig großartig, aber ich bemerkte am Ende immer häufiger, wie ich einfach nur noch die Seiten überflog. Latsch, Latsch, Latsch, Action, Action, Action, Latsch, Latsch, La... oh... ein Dialog, da schau her. Das ging mir dann ein bisschen wie mit einem Rob Liefeld-Comic. Schön, dass man soviel Wert auf die Atmosphäre und die Einsamkeit der "Blame!"-Welt legte, aber da ich den Kernplot nicht verstand verlor die Welt eben schnell ihr Interesse für mich.

    Nochmal, ich gebe hier dem Manga nur begrenzt die Schuld. So viele Leute loben ihn, dass wohl etwas dran sein muss... ich persönlich habe aber eben nicht bemerkt was es ist, weil der Manga für mich kein Lesespaß war, sondern es stellenweise schon in Arbeit ausartete zu begreifen, was ich da überhaupt lese. Insofern würde ich "Blame!" nicht als Einsteigermanga empfehlen, egal ob man Horror-SciFi mag oder nicht. Da wird eine zu große "Lesekompetenz" vorausgesetzt, die zumindest ich nicht hatte. Dass der Manga dann auch noch wenig Dialoge bot und eben bestimmte Sequenzen wieder und wieder verwendete machte mir das ganze nicht schmackhafter. Mir wurde gesagt, ich müsse "Blame!" nochmal lesen, mit dem Wissen vom Ende würde ich auch Dinge am Anfang verstehen können. Das ist ein legitimes Mittel, aber von Unterhaltung erwarte ich etwas: Ich möchte beim ersten Mal so gut unterhalten werden und so viel verstehen, dass ich am Ende nicht mit dem Gefühl da stehe, dass ich gar nichts gerafft habe. Es ist legitim, wenn man Details, Hinweise, Elemente erst beim zweiten Durchgang versteht, aber wenn die Hauptstoryline zu diesen Elementen gehört, dann ist das für mich ein Makel...

    posted by Björn um 14:58 | Permalink


    18.04.2005

    Frisch aus der Druckerei, 10/05
    (Comic-Neuheiten der Woche)

    In den letzten zwei Wochen sind u.a. diese Comics in den Läden aufgeschlagen:

    HIGHLIGHT DER WOCHE: Das gibt schon mal einen Punkt für den schönen Titel: Monsieur Jean: Die Kunst, glücklich zu sein (ohne es zu merken) ist die erste albumlange Geschichte der Reihe. Davor erzählten Philippe Dupuy und Charles Berberian ihre komischen Alltagsepisoden über Pariser Thirtysomethings als Kurzgeschichten. Passend zum Formatwechsel wechselt auch der deutsche Verlag: nachdem die ersten drei Bände bei Salleck Publications erschienen waren, gibt's das neue Material bei Reprodukt.

    Wie schon in seinem Klassiker "Der Champion" widmet sich Baru in Wut im Bauch noch einmal dem Thema Boxsport, und wieder geht es um die Gemeinsamkeiten zwischen Sport und Gesellschaft und wie man sich darin durchsetzt. Notfalls mit den Fäusten. Der erste Band dieses Zweiteilers ist bei Edition 52 erschienen.

    Bei all der Geheimnistuerei, die von Lucasfilm betrieben wird, wenn es um den lange erwarteten Kinostart von Star Wars: Episode III: Die Rache der Sith geht, ist es verwunderlich, dass der Comic zum Film, der ja die gleiche Handlung erzählt, schon schon einen Monat vorher zu haben ist. Die deutsche Ausgabe von Dino Comics erscheint dabei fast zeitgleich mit dem US-Original.

    Garth Ennis' und John McCreas schwarzhumorige Serie um einen Auftragskiller im DC-Universum steuert auf ihren Abschluss zu: das Paperback Hitman: Die Letzte Runde #1 (Panini) ist der vorletzte Band, ehe die Reihe dann vollständig auf deutsch vorliegt.

    In der Reihe "Marvel Graphic Novels" druckt Panini gerne Comics, die sich aufgrund ihres Artworks vom Marvel-Mainstream abheben und verpasst ihnen mit vergrößertem Format und Hardcover-Einband die Anmutung eines edlen europäischen Albums. Neu in dieser Reihe ist Punisher - The End. Garth Ennis, der auch die reguläre Punisher-Serie schreibt, erzählt darin von den letzten Tagen in Frank Castles Leben. Gezeichnet wurde dieser One-Shot von Richard Corben, da passt dieses Format sicher ganz gut. Wermutstropfen: die deutsche Ausgabe ist damit mehr als doppelt so teuer wie das US-Heft.

    posted by Thomas um 19:50 | Permalink


    16.04.2005

    Einer wird gewinnen...
    (Eisner Nominierungen 2005)

    Ja, es ist schon wieder so weit. Die "Eisner Awards", die angesehensten Preise der US-Comiclandschaft, werden verliehen. Es sind die ersten "Eisners" die verliehen werden, nachdem ihr Namensgebers Will Eisner im Januar dieses Jahres verstarb. Man kann sich also sicher sein, dass die Ehrung dieser Comiclegende das Leitthema der Veranstaltung sein wird. Nebenbei werden allerdings auch noch ein paar aktuelle nComicschaffenden Awards an den Kopf geworfen. Tom Spurgeon hat eine Liste der Nominierten auf seiner Website. Wenn Sie, geneigter Leser, die Gelegenheit nutzen möchten um schnell einen Blick darauf zu werfen, bevor wir hier weiter machen? Ich warte inzwischen hier auf Sie und spiele ein wenig Solitär oder Minesweeper...

    Wieder da? Gut. Also, hier nun eine Sammlung lockerer Gedanken zu den Nominierungen, wobei ich allerdings wohl keine oder nur wenig Siegprognosen abgeben werde, da ich in keiner Kategorie alle nominierten Titel, sondern maximal drei davon gelesen habe. Auf der Grundlage zu sagen, wer den Eisner verdienen würde, wäre ein bisschen wie im Trüben fischen. Okay, gucken wir mal:

  • "Ex Machina" oder an "Ex Machina" beteiligte Künstler sind in sieben Kategorien nominiert. Die Geschichte um der Welt einzigen Superhelden, der zum Bürgermeister von New York wird, ist zwar ganz nett, aber warum man sie so oft nominiert ist mir nicht ganz verständlich. Die erste Ausgabe in der Kategorie bester "One Shot" lebt von ein paar Anspielungen auf reale Politik (Arnie gewinnt Kalifornien, Bush gewinnt die Präsidentschaftswahl) und einer sehr netten Überraschung am Schluß, aber wirklich herrausragend ist die Geschichte nicht. Das gilt dann auch für Teil 2 bis 5, die als "Best Serialized Story" nominiert wurden. Der Politikteil der Geschichte ist okay, wenn auch nicht sonderlich tiefschürfend, aber der Krimi-/Superheldenteil ist eher langweilig und stört den ganzen Fluss ein wenig. Kommt mir ein bisschen so vor, als wenn das "Eisner"-Kommittee hier, wie das bei Awards so üblich ist, politisch entschieden hat. Wenn wir eine Superheldenserie von DC nominieren, dann können wir ein breiteres Publikum ansprechen... wenn wir eine Serie nehmen, die das mit Politik verknüpft, dann müssen wir uns nichtmal dafür schämen.

  • Ähnliche Gedanken habe ich bei "Astonishing X-Men" (4 Nominierungen), aber hier beruhen sie ganz auf Hörensagen. Da ich die "X-Men" nach Morrisons Run wieder aufgegeben habe, muss ich mich da auf das Wort von Paul O'Brien und der Blogosphäre stützen, die das in der Kategorie "nett, aber ultimativ belanglos" einordnen. Dann wiederum könnte ein "Eisner" für Joss Whedon für nette Publicity jenseits der Comicnoosphäre sorgen, was für so einen Award immer interessant ist. Auch hier kann man also politisch wählen.

  • Ja und es hätte alles so schön geklappt, wenn Eric Powell, Johnny Ryan und ihr verdammter Köter mir nicht in die Quere gekommen wären! Die "Humor"-Kategorie ist ganz fest in der Hand von Kyle Baker, der immerhin an drei der fünf nominierten Bücher beteiligt ist. Sieht es in Sachen Humor so schlecht aus, dass wir uns da nicht mehr junge Künstler leisten können? Was ist zum Beispiel mit Bryan Lee O'Malleys "Scott Pilgrim" oder Chuck Austens "Worldwatch"? Was, das Letztere war gar keine Parodie... oha...

  • Zwei Fragen zum Best Digital Comic, an dem sich auch schon Jerry Holkins (alias "Tycho Brahe") und Mike Krahulik (alias "Jonathan 'Gabe' Gabriel") von Penny Arcade gerieben haben. Ist diese Einteilung wirklich nötig? Also, kann ein Comic der einfach gescannt und auf eine Website gestellt wurde nicht genau so gut oder schlecht sein, wie ein Comic der auf Papier gedruckt wurde? Und: ist ein ehemals digitaler Comic, der ein Jahr später auf Papier gedruckt wird erneut nominierbar, wie Penny Arcade auch fragt? Ich frage einfach nur nach, weil "The Matrix Comics - Vol. 2" nominiert wurde, obwohl die Comics immer noch im Internet nachlesbar sind und damit eigentlich auch als Best Digital Comic mitspielen könnten. Vorschlag: einfache, gescannte Comics wie normale Comics behandeln und die "Best Digital Comic"-Kategorie für die Internetcomics verwenden, die die technischen Möglichkeiten des Mediums auch ausnutzen (so wie "When I Am King" von Demian5 das tat).

  • Die "Best Ongoing Series"-Kategorie kommt mir dieses Jahr ganz schwach besetzt vor. "Astonishing X-Men", "Ex Machina" und "Y - The Last Man"? Zu den letzten beiden Titeln kann ich sagen, dass das zwar nette Serien sind, aber wenn das die Cremè de la Cremè des Marktes ist, dann stehen uns ganz schlechte Zeiten ins Haus. Nett zu lesen, spannend, aber ohne richtigen Unterbau. Bleiben "The Goon" und "Stray Bullets".

  • Bleiben wir beim Thema "The Goon". Vier Nominierungen. "The Goon" ist zwar essentiell eher hervorragend gemachte Schundkultur als ein anspruchsvoll-intellektuelles Werk, aber... what the hey. An dieser Stelle bin ich parteiisch und gönne Andy Powell jeden Award den er bei der Verleihungen bekommen wird. Wäre ein schönes Zeichen, wenn ein Comic, der einfach nur albern sein und Spaß machen will dafür belohnt würde. Nichts gegen Brian K. Vaughan, aber bei dem ist es genau umgekehrt, der macht Comics die essentiell Comicfastfood sind, die aber versuchen diesen Umstand hinter scheinbar anspruchsvollen Elementen zu verbergen. Weder die Analyse der Geschlechterrollen in "Y - The Last Man", noch der Blick in die Politik in "Ex Machina" gehen über Oberflächlichkeiten hinaus. Gute Serienkost, ja sicher, aber "The Goon" steht dann ehrlicher zu dem, was es in erster Linie tun soll: Spaß machen.

  • Burlyman Comics ist gleich für 2 Eisners in der Kategorie "Best New Series" nominiert. Frage: sind von "Doc Frankenstein" nicht erst drei und von "Shaolin Cowboy" sogar erst zwei Ausgaben erschienen? Ist das nicht ein bisschen sehr früh um eine Serie als "Serie" auszuzeichnen? Wobei hinter der "Doc Frankenstein"-Nominierung natürlich wieder PR-Gründe stehen könnten, immerhin haben die Medien immer noch Interesse an diesen genialen Wachowskys die uns mit "The Matrix Revolutions" beglückt haben.

  • Eightball #23 ist nominiert. Scheinbar drehen wirklich alle durch wenn Dan Clowes mal Superhelden schreibt. Man verstehe mich auch hier nicht falsch, ich gönne es Dan Clowes, der ein genialer Künstler ist, aber ich habe das Gefühl, dass "anspruchsvolle Superheldencomics" es leichter haben eine Nominierung abzustauben als Comics die sich gar nicht erst mit Superhelden beschäftigen. Vorschlag fürs nächste Jahr: direkt eine eigene Kategorie für Superheldencomics einführen und gut soll's sein.

  • Ebenfalls seltsam: Michael Turner ist für seine Cover für "Identity Crisis" nominiert. Das hier ist kein Schwinger gegen "IC", aber ich finde, dass Turner keine Menschen zeichnen kann (gut, dass letzte Cover auf dem nur die Mäntel und Umhänge der Helden abgebildet waren war insofern adäquat). Auf einer ganz anderen Ebene: Tony Moore ist für seine "The Walking Dead"-Cover nominiert. Hey! Image! Aufwachen! Wie wäre es, wenn ihr die Cover auch im Paperback abdrucken würdet? Die Geschichte funktioniert prima ohne Cover in der eigentlichen Story, die sie in kleine Episoden aufbröselt (die Cliffhanger sind wirklich hervorragend integriert und oft merkt man beim Lesen nicht wo eine Ausgabe endet und die nächste beginnt, weil das so nahtlos weitergeht), aber wäre das nicht ein Anreiz zumindest auf den letzten sechs Seiten der Paperbacks eine Covergalerie einzurichten, eh?

  • Überraschend: "The Comics Journal" hat es mit der neuen Ausrichtung unter Chefredakteur Dirk Deppey nicht geschafft in der Kategorie "Best Comics-Related Periodical" nominiert zu werden. Hui.

  • Also, wenn ich die Nominierungen für Joss Whedon und die Wachowskys als "PR-Stunts" verstehe, dann frage ich mich wo die Nominierungen für Mangas sind, die immerhin auch jeden Tag in der US-Presse als das Massenphänomen schlechthin erwähnt werden. Mangas lassen sich bei den "Eisners" aber nur in der Kategorie "Best U.S. Edition of Foreign Material" finden. Zunächst dachte ich, dass die "Eisners" nur an US-Comics vergeben würde (so wie der Pulitzer-Preis nur für amerikanischen Journalismus vergeben wird), aber das kann nicht stimmen, denn "Blacksad" ist als "Best Graphic Album - New" nominiert. Also können ausländische Comics auch in anderen Kategorien nominiert werden. Ohne mich mit Mangas auszukennen wage ich jetzt zwei Prognosen, bei denen Nostradamus im Grabe rotieren wird:

    1.) Im letzten Jahr ist mindestens ein Manga erschienen, der in den Kategorien "Best Single Issue", "Best Serialized Story" oder "Best Continuing Series" ohne weiteres mit "Ex Machina", "Astonishing X-Men" oder "Y - The Last Man" mithalten kann. Kann ich natürlich nicht belegen, aber ich behaupte das einfach mal so. Und Eisner-Juroren, falls ihr genau so wenig Ahnung von Mangas haben solltet wie ich: Legt euch ein paar Experten in dem Feld zu, Himmel noch eins! Mangas sind hier, Mangas sind Comics und Mangas werden auch hier bleiben, also sollte man sie genau so beachten wie die Superhelden- und Indiecomics. Gilt auch für europäisches Material, bei dem Weg.

    2.) Wenn die "Eisners" einen universellen Anspruch als ernstzunehmender Preis behalten sollen, dann kann man Mangas nicht nur im "Best U.S. Edition of Foreign Material"-Ghetto halten. Das ist der gleiche Unsinn, den Hollywood macht wenn ausländische Filme sich nicht mit amerikanischen Filmen messen dürfen. Ein Film ist ein Film ist ein Film, egal wo er herkommt. "Film" durch "Comic" ersetzen und das Argument gilt auch für die "Eisners".

    Insgesamt:

    Insgesamt bin ich nicht überwältigt von der Auswahl der Nominierten dieses Jahr, besonders in den großen Kategorien. "Ex Machina" und "Y - The Last Man" sind nette Serien, nicht weniger aber eben auch nicht mehr. Ambitionierte Comics, die die Grenzen des Mediums erweitern oder die zum besten gehören was Comics zu bieten haben sind sie nicht. Aus dem Grund denke ich, dass die Apotheose Vaughans bei der eigentlichen Verleihung ein falsches Zeichen wäre. Und wenn ich ganz ehrlich bin, dann gilt das auch - egal wie sehr ich den Comic genieße - für "The Goon". Klasse Comic, spaßig, lustig, actionreich, würde ich jedem ans Herz legen ohne mit der Wimper zu zucken... aber "Eisner"-Material? Ich weiß es ehrlich nicht. In der Humor-Kategorie auf jeden Fall, aber sonst? Wie schon gesagt, bei Joss Whedon kann ich nur nach dem gehen, was andere Leute sagen, aber vom Gefühl her würde ich den auch hier einreihen.

    Die großen Kategorien finde ich persönlich irgendwie langweilig und einseitig besetzt. Das ist das Beste was 2004 zu bieten hatte? Da kann ich ja noch dankbar sein, dass "Avengers Disassembled" es nicht auf die Liste geschafft hat. Vielleicht sollten wir 2004 als verlorenes Jahr abtun und uns die großen Kategorien gleich ganz schenken... mehr Glück im Jahr 2005. Vielleicht könnten sich die Juroren auch mehr anstrengen. Auf der einen Seite schafft es das "TCJ", das dem Elitismus abgeschworen hat und nun auch den Mainstream beobachtet, nicht nominiert zu werden, auf der anderen Seite habe ich das Gefühl, dass das hier alles eine Art "Da, es gibt auch kluge Superheldengeschichten"-Aktion ist. Isn't it ironic?

    Ich persönlich merke wieviele der hier nominierten Comics in den kleinen Kategorien mir durch die Lappen gegangen sind. Da muss ich tatsächlich noch nachbessern, aber ich arbeite daran. Von der "Talent Deserving of Wider Recognition"-Liste kenne ich tatsächlich nur Sean McKeever. Übrigens, ist so eine Kategorie nicht irgendwie... demütigend für die Verlierer? ("Können wir nicht lieber sagen, die die nicht gewinnen?") Sicher, das heißt nicht, dass sie nicht mehr Aufmerksamkeit verdient hätten, aber... äh... eben nicht soviel "mehr Aufmerksamkeit" wie der Gewinner. Könnte man das nicht in die anderen Kategorien einordnen? So eine Art Wildcard? Oder einfach mal ein paar Underdogs in die großen Kategorien einbauen? Das könnte dem ganzen mehr Spannung liefern. Und wo ist das ausländische Material? Die "Best U.S. Edition of Foreign Material" lobt ja, wenn man darüber nachdenkt, nichtmal das Originalmaterial, sondern nur die Art wie es in Amerika umgesetzt wird. Also, selbst der "Auslands-Eisner", wenn man so will, geht in die USA? Buh! Es gibt sicher genug Comics die nicht aus Amerika kommen, aber "Astonishing X-Men" in den Arsch treten könnten. Wenn ich nicht weiß welche das sind, dann ist das peinlich für mich, aber okay... nur: von den Juroren eines Comicpreises, der sich selbst als Comic-Oscar versteht, erwarte ich, dass sie bereit und in der Lage sind auch ausländische Comics zu finden und zu integrieren.

    Warten wir mal ab, wie es dann am Ende bei den Auszeichnungen aussieht, da kann man das Blatt mit geschickten Preisvergaben noch zum guten Wenden. Aber die Nominierungen geben einem ein wenig das Gefühl, als wenn Mittelmaß vollkommen ausreicht um anerkannt zu werden. Und das halte ich für ein ganz falsches Signal.

    Was klügere Leute als ich denken:

    Johnny Bacardi dazu, dass man 12 Künstler für die "Hall of Fame" nominiert von denen dann nur vier aufgenommen werden:

    "Ich frage mich nur: Da das hier alles legendäre, herausragende Künstler sind, WARUM ist es notwendig diesen Auswahlprozess wie bei [der "Hall of Fame" im] Baseball zu haben? Haben sie es nicht alle VERDIENT aufgenommen zu werden? Haben sie nicht alle ihren Pflicht getan und sich dann noch ein bisschen mehr reingehängt? [...] Nehmt sie ALLE auf, sage ich! Dann nominiert ein weiteres Dutzend, die nächstes Jahr aufgenommen werden!"

    Tom Spurgeon wundert sich:

    "Troy Hickman hat doppelt so viele Nominierungen, wie alle Mangas zusammen."

    und

    "Die Buch-Kategorie ist immer für einen Lacher gut. Auf welcher Grundlage entscheidet man, ob Stan Sakais Artwork ein besseres Buch ausmacht als das, was Dan Raeburn über Chris Ware schreibt? Zum Glück habe ich gewählt während ich betrunken war."

    Ian Brill ist für die Aufnahme Gene Colans in die "Hall of Fame":

    "Colan ist ein Meister des Comicfachs, der Millionen von Fans mit seinem erstaunlichen und einzigartigen Stil des "Malens mit Bleistiften" erfreut hat. Da sind viele Leute auf der Liste der "Hall of Fame"-Nominierten, die es verdient haben aufgenommen zu werden (und es macht absolut keinen Sinn, außer um unnötig sadistisch zu sein, die "Hall of Fame"-Nominierten aufzulisten, so dass wir sehen können, wer es dieses Jahr nicht geschafft hat) und Colan ist definitiv derjenige, der es am meisten verdient hat.

    posted by Björn um 11:50 | Permalink


  • 13.04.2005

    Screwing Things Up Since 1937
    (DC stellt Humanoids/2000AD-Serien ein)

    Vor gar nicht allzu langer Zeit, im Sommer 2004, begann DC damit, seine Produktpalette zu erweitern. Das Hauptuniversum (DCU) rund um "Superman" und "Batman" lief eigentlich wie immer, man kämpfte mit Marvel um die Vorherrschaft im Direktmarkt und war mal unten und mal oben, aber ingesamt nihil novi sub sole. Bei den anderen Imprints sah das schlechter aus. Wildstorm war zu Zeiten von Jim Lee und Adam Warren ein absoluter Renner gewesen, abgesehen von "Planetary" war allerdings nichts in Sicht, das an alte Zeiten anknüpfen konnte ("Sleeper" war zwar bei den Kritikern beliebt, verkaufte sich aber nicht). Vertigo zehrte mehr und mehr von vergangenen Erfolgen wie "Transmet" oder "Sandman" und war immer weniger ein Label das für revolutionärere Arbeiten stand und ABC war ohne Alan Moores direkten Einfluss ziemlich irrelevant geworden. Also wollte man neue Wege gehen, dazu startete man eine Manga-Schiene (CMX) und arrangierte Lizenzdeals mit dem britischen Verlag 2000AD ("Judge Dredd", "Slayne", "Rogue Trooper", "Nemesis the Warlock") und der amerikanischen Depesche des französischen Verlags Humanoids Publishing ("Metabarons", "The Bilal Library", "The Incal"). Die ersten Titel der beiden Imprints erschienen im Juli und September 2004, die amerikanische Leserschaft jauchzte, denn sie verzehrte sich nach diesen Comics aus der alten Welt. Ende.

    Naja, fast. Wenn da nicht die Realität dazwischen gekommen wäre. DC gab jetzt nämlich bekannt, dass die beiden neuen Imprints nicht genug Geld abwerfen und man darum den Stecker ziehen würde. Das kommt für diejenigen die die Verkaufszahlen dieser Imprints im Direktmarkt und dem Buchhandel verfolgt haben nicht überraschend, aber trotzdem werde ich das Gefühl nicht los, dass das Management von DC hier ganz gehörig Scheiße gebaut hat. Gut, es gibt zwei oder drei Dinge, die man bei DC einwerfen wird, um zu erklären, warum das Experiment nicht geklappt hat. Die Leserschaft hat nicht auf die Produkte reagiert, wie wir das erwartet haben. Die Marktsituation ist derzeit einfach zu schlecht um neue Imprints zu starten. Und, zumindest wird das im Internet gemauschelt (und wir wissen: wenn es im Internet steht muss es war sein), die Idee mit Humanoids und 2000AD kam nicht von uns selber, sondern wurde vom Mutterkonzern Time-Warner aufoktroyiert.

    Wenn man das aus dem Weg geräumt hat, kann man sich die Situation mal angucken und bewerten, ob hier wirklich nur ein schwacher Markt und schlechte Kundenreaktion die Schuld tragen. Nicht dass ich diese Faktoren ausschließen will... aber ich muss gestehen, ich habe das Gefühl, dass sich DC bei diesen beiden Imprints nicht nur keine Mühe gegeben, sondern es gar nicht erst versucht hat. Sollte das Time-Warner-Gerücht stimmen, dann könnte das zumindest ein Grund dafür sein.

    Anyway, die offizielle Idee war, dass man mit den Humanoids- und 2000AD-Titeln in den Buchhandlungen einen Fuß in die Tür bekommen wollte, wo heutzutage mehr und mehr Regalplatz für Manga bereitgestellt wird. Oft auf Kosten der - weniger lukrativen - amerikanischen Comics. Das hat nicht geklappt. Ich zitiere dazu Brian Hibbs:

    "CMX, 2000AD und Humanoids sind allesamt Imprints, die hauptsächlich für den Buchhandel gedacht waren. Trotzdem schaffte es von den 2004 veröffentlichten Titeln nur einer in die Charts - Band 1 von "Land of the Blindfolded", mit offengesagt erbärmlichen 1270 verkauften Stück."

    Und, als zusätzlicher Tritt vor's Schienbein:

    "Der Direktmarkt hat 2602 Ausgaben von "Land of the Blindfolded - Band 1" gekauft. Mehr als doppelt soviele [wie der Buchhandel]. Und in diese Zahl sind die Nachbestellungen noch nicht eingerechnet."

    Homerun, Baby. Also, ein Imprint, das sich in Buchhandlungen durchsetzen soll, hat einen Bestseller, der es auf gerade mal 1270 verkaufte Ausgaben im Zielmarkt bringt, während der Direktmarkt - der hier eine Nebeneinnahmequelle hätte sein sollen - zum Hauptmarkt wird? WTF? Das wird ganz zappenduster, wenn man das prozentual überlegt. Jede mittelgroße Stadt in den USA hat mindestens eine Buchhandlung, aber es gibt dort nur circa 3.000 - 4.000 Comicstores. Und ja, das kann man natürlich auf eine schlechte Marktlage und Desinteresse zurückführen, immerhin hat man keinen großen Film im Rücken, wie das bei "Sin City" der Fall ist, wo sich die Trades momentan sehr erfolgreich im Buchhandel schlagen. Und trotzdem, es fällt schwer zu glauben, dass man für die veröffentlichten Titel keine interessierten Leser finden kann. Zugegeben, das ist nicht alles Material, das sich in Buchhandlungen gut macht und vielleicht war der Fokus schon falsch gewählt, aber bei Humanoids hat man unter anderem Comics von Enki Bilal und Moebius zu tun. Moebius, um Himmels noch eins! Das ist ein Name, der nicht nur bei Lesern des "Comics Journal" für hochgezogene Augenbrauen sorgen dürfte. Der Mann gilt zurecht als Genie und hat eine loyale Anhängerschaft im Ausland. Sicher, das alte Argument ist: Dinge die im Ausland gut laufen interessieren Amerikaner nicht, die wollen veramerikanisierte Produkte. Moebius ist einfach zu "europäisch". Und all diese Manga sind zu japanisch. Deshalb in Amerika ein Totalflop geword... hey, moment!

    Ich habe einfach das Gefühl, dass die Marketingabteilung von DC so sehr darauf bedacht war, "Identity Crisis" und "Countdown" zu hypen... Titel, die auch ohne Marketingbestrebungen im Internet gehypt würden und die sich ohnehin verkaufen... dass man einfach kein Geld oder keine Leute mehr übrig hatte, um hier ordentliche Arbeit zu tun. Also, bleiben wir bei Moebius. Da kann man versuchen das als "Kunst" oder "relevant" aufzuziehen. Interviews organisieren, ordentliches Pressekit zusammenschnüren, über das "Comics Journal" und den "Wizard" hinausgehen und die "New York Times", "LA Times", den "New Yorker", das "New York Review of Books", die "Village Voice", das "Harper's Magazine" einbinden. Zeitungen und Magazine, deren Leserschaft als "intellektuell" gilt und die Interesse daran haben könnte, was von "europäischen Meistern" zu lesen. Und beim Buchhandel bedenken, dass Buchhandlung nicht gleich Buchhandlung ist. Die Comics von Humanoids und von 2000AD hätten einen richtigen Erfolg in Collegebuchhandlungen haben können. Immerhin sind Colleges schon immer ein Ort gewesen, an dem sich 2000AD besonderer Beliebtheit erfreute.

    Und wo wir von 2000AD sprechen. Also, es ließ sich keine Leserschaft für diese Comics finden? Wir machen jetzt mal ein Assoziationsspielchen. Ich nenne ein paar Namen und Sie, geneigter Leser, sagen mir, was die miteinander gemein haben. Fertig? Okay: Kevin O'Neill, Dave Gibbons, Alan Moore, Bryan Talbot, Alan Grant, Andy Diggle, Neil Gaiman, Mark Millar, Garth Ennis, Warren Ellis, Grant Morrison, Pete Milligan und Simon Pegg (bekannt durch "Shaun of the Dead"). Na? Okay, sind alles Männer, aber Geschlechterrollen sind hier nicht das Thema. Also? Eben... all diese Leute haben irgendwas bei 2000AD veröffentlicht.

    Und da will man mir allen Ernstes erzählen, dass sich für sowas keine Leserschaft finden lässt? Alan Moore, Neil Gaiman, Garth Ennis und Warren Ellis stehen an der Spitze der Industrie, "Shaun of the Dead" ist in kürzester Zeit zum Kultfilm avanciert und Grant Morrison ist momentan so heiß, dass er in glühender Lava baden kann, wenn er sich abkühlen möchte. Ich kann natürlich nicht garantieren, dass sowas klappt, aber... hätte es denn eine darauf zurechtgeschnittene Promokampagne wirklich schlimmer machen können? Ich arbeite nicht im Marketing, aber wenn ich sehe, wieviele Werbeseiten in DC-Comics für Produkte aus dem eigenen Haus draufgehen, wäre es da so unmöglich gewesen für 2000AD und Humanoids ein paar Seiten offen zu lassen? Grant Morrison schreibt derzeit sieben Miniserien für DC, wäre es da nicht sinnvoll gewesen ein Tie-In mit seinem 2000AD-Material zu machen? Hey, ihr wollt wissen, was der Autor von "The Guardian" früher gemacht hat? Wir haben die Antwort! Da man ohnehin Material veröffentlicht hat, das bisher über einen anderen Publisher zu haben war, wäre das kein Problem gewesen. Naja, wie schon an anderer Stelle beschrieben, die Art wie DC seine Comics in den eigenen Produkten bewirbt ist eher amateurhaft. Das hier untermauert diesen Verdacht nur noch.

    Zudem heißt es bei Heidi MacDonald, dass die "Humanoids"-Titel sich im Buchhandel nicht besser geschlagen hätten, als zu dem Zeitpunkt, als sie noch von der amerikanischen Depesche des französischen Mutterhauses vertrieben wurden. Wie bitte? DC und Time-Warner sind nicht in der Lage, einem Produkt mehr Aufmerksamkeit zu bescheren als ein obskurer, französischer Verlag? Das riecht nach einem Fuck Up der höchsten Ordnung. Comics, die schon erhältlich waren (wenn auch in anderem Format und teuerer), werden verlegt, aber offenbar ohne ein klares Konzept. Ein Titel hier, eine Serie da, dann noch ein bisschen mehr. Vielleicht wäre es sinnvoller gewesen die Imprints langsam aufzubauen und sinnvoll wachsen zu lassen, anstatt gleich massenhaft Titel zu veröffentlichen. Aber hinterher ist man, zugegebenermaßen, immer schlauer.

    Und dennoch, da hätte man soviel mehr machen können. Die oben genannten Altstars in die Promotion einbinden, preiswerte Probehefte veröffentlichen (so wie man das jetzt bei "Vertigo" angeht), gezielt Werbung und Promoaktionen platzieren, die interessierten Marktsegmente für die einzelnen Titel abschätzen und direkt ansprechen statt einfach zu sagen "Das ist europäisch," als wenn es da keine Unterschiede innerhalb der Titel gäbe. Den ganzen Synnergieeffekt verschwendet. John Cassadays Graphic Novel? Werbung in "Planetary". Geoff Johns Graphic Novel? Werbung in "The Flash" und, und, und...

    Wirtschaftlich ist es verständlich, dass man den Stecker bei beiden Imprints zieht, auch wenn ich es lieber gesehen hätte, dass man das ganze zurechtstutzt und diesmal mit ordentlicher Werbung startet. Aber es ist DCs gutes Recht Verlustgeschäfte zu beenden. Bleibt nur die Frage: "What have we learned today, Charlie Brown?" Und wenn DCs Antwort da ist: "Die Marktbedingungen sind nicht gut und es gibt kein großes Publikum für diese Eurotitel," dann heißt das in Klarsprech, dass DC gar nichts gelernt hat. Das klingt vielleicht harsch und eventuell hätten die Imprints auch mit besserer Promo keinen Erfolg gehabt. Aber, solange man nichtmal versucht die Imprints ordentlich und durchdacht zu starten bleibe ich bei der These, dass DC hier ganz große Scheiße gebaut hat. So wie man wirtschaftlich eigentlich alles in den Sand gesetzt hat oder gerade in den Sand setzt, was nicht das Kern-DCU ist. Man denke auch an das "DC Focus"-Imprint des letzten Jahres. "Vertigo" wird weiter schwächeln, hat aber den starken Rückhalt "Sandman", "100 Bullets" und "Transmetropolitan". Interessanter wird es da schon zu sehen, wie DC in der näheren Zukunft mit dem Manga-Imprint CMX umgeht, das den Mangafans durch die "TenTen"-Zensurkontroverse sauer aufgestoßen ist und das sich im Vergleich zu Tokyopop oder Viz auch nicht sonderlich gut schlägt.

    Wenn DC wirklich in die Buchhandlungen will, dann muss das Management den Unterschied zwischen dem Superheldenpublikum und einer breiten Öffentlichkeit erkennen und entsprechend reagieren. Wenn die Werbeaktion für die breite Öffentlichkeit darin besteht, dass man ein paar Previews auf Newsarama veröffentlicht, dann kann man auch gleich gar keine Werbung machen. Gleicher Effekt, aber Arbeitszeit gespart. Wenn DC aus diesem Schiffbruch zumindest noch etwas gutes mitnehmen will, dann sollte man genau gucken, was schief gelaufen ist und was man hätte besser machen können. Verlassen würde ich mich darauf aber nicht.

    posted by Björn um 17:24 | Permalink


    11.04.2005

    9,0 auf der Richterskala
    (Ein Korrespondentenbericht aus Amerika)

    Der folgende Text stammt von Comicgate-Mitarbeiter Daniel Wüllner, der sich zur Zeit zu einem Auslandssemester in den USA aufhält. Hier erzählt er, wie man dort Comics an offensichtlichen und nicht so offensichtlichen Orten begegnen kann, wenn man die Augen offen hält.

    Und? Spürt ihr im alten Europa das Beben auch schon? Wahrscheinlich ist es schon wieder abgeebbt, bis es bei euch angekommen ist. Hier in Amerika hat es auf jeden Fall schon begonnen. Als kurze Einleitung sollte ich vielleicht erzählen, dass ich in den letzten beiden Jahren immer versucht habe Prognosen zu erstellen, um ein solches Phänomen zu erahnen. Dies geschah bis jetzt immer in meiner Kolumne Mind the Gap, die den Previews zusammenfassen sollte. Doch seit 8 Monaten bin ich jetzt schon in den Staaten und versuche dort dem Zeitgeist auf den Grund zu gehen. Meine Funde waren bislang von wechselndem Erfolg gekrönt:

    Wenn man dazu vertrauten Mustern folgt, so findet man sich nicht allzu bald in einen Comicladen wieder. "Mein" Laden, Green Brain Comics in Detroit, ist noch einer der alternativeren, dennoch sieht es hier genau so aus wie in jedem anderen in Deutschland auch. Es gibt die Einen, die mehr Wert auf Superhelden legen, und die Anderen, auf deren Fahne in schwarz-weißen Lettern "Independent" geschrieben steht:



    Aber was heißt es wirklich, in Amerika zu sein, dem Ursprungsland des 24-Seiten-Heftchens? Natürlich, die Comics sitzen postbedingt schon am Mittwoch statt wie bei uns am Donnerstag in ihrem Regal. Wenn wir aber weiter versuchen, von unserem kleinen Universum "Comicladen" aus die Welt zu verändern, dann warten wir vergebens.

    Nicht mal die Spur eines Bebens ist zu spüren.

    Oder fahren wir doch nach New York und gehen ins MoccA, das Museum für Comics. Aber was wartet dort auf uns?

    Wenn man den Prognosen glauben mag, wird die Richterskala dort 5,3 anzeigen.

    Nach einer langen Suche habe ich dieses kleine Beben beschränkt auf 50 Quadratmeter im vierten Stock eines Bürogebäudes gefunden. Die Hauptausstellung bezieht die Stadt New York mit ins Medium Comic ein.

    Es beginnt langsam zu wackeln.

    Man folgt den Bildern, die einen etwas dickeren Mann abbilden, den Medienmogul Randolph Hearst. Seine Erfolge geben dem Medium Comic einen faden Beigeschmack von Kapitalismus und Ausbeuterei. Doch nach wenigen Schritten findet man sich neben den Bildern von Zeitungsillustrator Thomas Nast wieder. Dieser hat mit seinem Cartoonstrips gegen die Korruption im Big Apple gekämpft. Man kann wirklich erstaunt sein, wozu die neunte Kunst alles in der Lage ist. Auf nur drei Bildern und zwei Schaubildern ist ein atemberaubender Kampf zwischen dem kleinen Zeichner und dem korrupten Gangsterboss Tammany Hall zu sehen. Was aber noch mehr erstaunt, ist die Tatsache, dass der kleine David gegen den Goliath gesiegt hat.

    Allmählich kann man Vibrationen spüren.

    Geht man weiter durch die Ausstellung, darf man sich anhören, wie New Yorks ehemaliger Bürgermeister La Guardia während des Zeitungsstreiks seinen Lieblingscartoon "Dick Tracy" über den Äther seinen Bürger wörtlich illustriert. Gegen diese Lebensnähe wirken die alternativen Comics aus den Sechzigern wie weltfremde Hieroglyphen, die stets versuchen, die eine oder andere Realität zu abstrahieren. Erst wenn man Art Spiegelmans "In the Shadow of no Towers" in dieser Stadt vor Augen hat, hat man es wirklich gelesen.

    Man spürt, wie sich der Boden langsam unter einem bewegt und die letzten Staubwolken an einem vorbeiziehen.

    Die anderen Ausstellungungsstücke dagegen zeigen kleine Zelluloidstreifen, die das Medium Zeichentrickfilm verkörpern sollen. Doch die kleinen Streifen sind nicht in der Lage, die Zeit zeitgemäß zu verkörpern. Ohne ein Danach und ein Davor hängen sie dort genauso ohne Bezug zur Realität wie Fische an der Wäscheleine.

    Alle Bewegung geht verloren.

    Auf dem Weg nach draußen sollen uns handsignierte Filmposter von Mike Mignola davon überzeugen, dass in diesen vier Wänden Comicgeschichte geschrieben wurde, wird und auch werden wird. Später, endlich wieder auf dem Weg ins East Village, springt den genauen Beobachter von bunten Bildern ein kleines Schaufenster an. Zwischen einem Haufen von Schmuck, der für Museen bestimmt ist, sitzt auf einem roten Samtkissen einer der wohl besten Comics der letzten Jahre: Peter Blegvads "Leviathan".

    Der Künstler alleine sollte unsere Richterskala schon auf 9,0 bringen. Wenn man dann noch seine Musik hört, die sehr an den alten Bob Dylan erinnert, spürt man auf einmal ein Zucken, das durch den Körper jagt. Ein Vorbeben.

    Aber was hat dieser Comic in der Auslage eines Ladens, der abgeschmackten Schmuck produziert, verloren? Das Leben kann oft nur dann gefühlt werden, wenn man seinen ganzen Mut zusammennimmt. So tue ich einen Schritt in den Laden und frage, wer auf die unsinnige Idee gekommen ist einen Comic eben dort zu positionieren. Die nette rothaarige Frau hinter dem Tresen ist auch sofort bereit zu einem Schwätzchen. Man freut sich über den Kontakt mit echten Menschen, die kein Spandex tragen. Sie und ihr Mann sind befreundet mit Peter Blegvad, der erst letztes Wochenende zu Besuch kam und ihnen Peter (Kuper) und Chris (Ware) vorgestellt hat.

    9,0!

    Mit einer E-Mailadresse und einer neuen Zeichnung des Künstlers in meiner Hand verlasse ich den Laden, gestützt von meiner Freundin, die das Beben auch spürt. Das Beben, auf das wir alle gewartet haben, findet eben nicht ausschließlich in unserem kleinen Universum, sondern auf der Strasse statt.

    Nach diesem Abenteuer wurde ich etwas mutiger und versuchte hinter jeder Ecke unsere kleine Comicwelt zu erhaschen, die Populärkultur am Schopf zu packen. "Steamboy" ist ein Versuch, das Beben aufrecht zu erhalten. Ein verzweifelter Versuch, der von Regisseur Otomo gründlich vereitelt wird. Ich wusste doch schon immer, dass es einen Unterschied gibt zwischen den kleinen Mädchen, die sich verkleiden und der politischen Agenda von Akira. Aber der werte Herr Otomo scheint das vergessen zu haben. Warum Louis Stevens, Erfinder der Dampfmaschine, ein Verrückter ist und warum man in einem Anime altenglisch spricht, scheint mit der Globalisierung zu tun zu haben. Das amerikanische Equivalent ist genauso abgeschmackt. Mit einigen bunten Bildern versuchen die Macher von "Ice Age" durch "Robots", den Schein einer Utopie vorzugaukeln. Doch die Zuschauer bleiben bei all den billigen Special Effects und der aufgezwungenen Moral leider allein in der kalten Realität zurück.

    So gerne hätte ich mein kleines privates Beben mit euch geteilt.

    Enttäuscht fahren wir nach Detroit zurück ohne den Beweis, in Amerika etwas gefunden zu haben, was man als amerikanische Revolution bezeichnen kann. Ich lasse mich sogar dazu überreden, "Sin City" anzugucken, um für meine Kinomitgänger einen Kommentar darüber abzugeben, wie Robert Rodriguez Frank Miller verarbeitet hat. Auch ohne den Comic gelesen zu haben, sollte dies kein Problem sein. Das hat bis jetzt jedes Mal geklappt, selbst bei "Hellboy".

    Doch schon nach den ersten paar Bildern merke ich, dass hier gerade etwas Grosses passiert. Die Namen, die vor mir auf der Leinwand auftauchen, verschwimmen in einem brutalen Gemisch aus Schwarz und Weiß. Doch nur ein Hauch von Rot und eine Note von stinkendem Gelb reichten aus, um den Film auf Nummer Eins in den Box Office Charts zu katapultieren. Und während der Durchschnittsamerikaner sich noch fragt, was ihn da eben getroffen hat, renne ich in "meinen" Laden, um mir den Comic zum Film doch noch zu besorgen, ein Akt, den ich beim Kauf von Büchern schon verabscheue.

    Man muss sich jetzt wirklich an etwas festhalten, um nicht zu fallen.

    Und es geht weiter. Es ist unbeschreiblich. Ohne mir etwas zu denken, gehe ich am nächsten Tag in die Uni-Bibliothek. Und was springt mich dort an? Arguing Comics: Literary Master on a Popular Medium, das neusten Sekundärbuch über Comics, und das International Journal of Comics Art an, ein wissenschaftliches Magazin, von dem man dachte, dass man der einzige sei, der es bezieht.

    Und wieder hat sich die Welt ein bisschen weitergedreht.
    Spürt Ihr es auch schon?

    posted by Thomas um 13:38 | Permalink


    10.04.2005

    Warum hasst Mr. Pulitzer Amerika so?
    (Zeitgeschehen)

    Letzte Woche wurden in New York die Pulitzer-Preise für herausragenden, amerikanischen Printjournalismus verliehen. Dabei gibt es auch eine Kategorie für den besten "Editorial Cartoonist", immerhin haben politische Cartoons eine lange und ziemlich erwürdige Geschichte. Die Auszeichnung ging dieses Jahr an Nick Anderson vom Louisville Courier-Journal. Bis letzte Woche hatte ich noch nichts von Mr. Anderson Arbeit gekannt, muss allerdings gestehen, dass sie ziemlich interessant aussieht.

    Das Problem an der Sache ist nun, dass Mr. Andersons Cartoons einen eher linken Einschlag haben, was in Amerika natürlich immer mit dem bösen Schmähwort "liberal" versehen wird. Und so brauchte es auch nicht lange, bis sich die konservative Politblogosphäre auf Anderson und das Courier-Journal stürzte und demonstrierte, wie in Amerika heutzutage politischer Diskurs aussieht. Immerhin haben mindestens zwei "High Profile"-Blogger sich der Sache angenommen. Zum einen wäre da das "Powerline"-Blog. Das trug 2004 entscheidend dazu bei, dass herauskam, dass ein Bericht von Dan Rather in der CBS-Nachrichtenshow "60 Minutes" über Präsident Bushs unentschuldigte Abwesenheit vom Dienst in der "Texas National Air Guard" auf gefälschten Informationen basierte. Rather trat deshalb zurück. Im Folgenden wurde dann gestritten ob CBS Rather sowieso in Rente schicken wollte oder dem Druck der Blogosphäre nachgeben musste. So oder so, diese Situation sorgte dafür, dass das TIME-Magazin "Powerline" zum Blog des Jahres ernannte. Man kann hier also von einer großen Leserschaft ausgehen. Und deren Kommentar zur Entscheidung des Pulitzer-Kommittees liest sich wie folgt:

    "Scheinbar jeder [Cartoon] ist ein heimtückischer, hasserfüllter Angriff auf Präsident Bush, die Vereinigten Staaten oder das Christentum. Es mag bösartigere Hasser in Amerika geben, aber wenn man sich diese Sammlung betrachtet, dann können es nicht viele sein."

    Auch die Konservative Kolumnistin Michelle Malkin schaltete sich in die Debatte ein:

    "[...] Nick Andersons mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnete Cartoons [...] benutzen althergebrachte und abgedroschene Bilder um die Bush-Regierung zu attackieren. Anderson liefert zudem die obligatorische Verleumdung der "Swift Boat Vet[erans for Truth]" ab. Zweifelsohne die Trumpfkarte für die Leute vom Pulitzer."

    Von diesen beiden Blogs geht dann der Buzz darüber aus, ob das Courier-Journal ein Lügenblatt sei, das nur die hasserfüllte Linke bediene und ob die Linken die Pulitzerpreise kontrollieren und darum hasserfüllte Cartoons wie die von Anderson belohnen. Mein Lieblingskommentar dazu ist dieser hier:

    "Aus den diesjährigen Gewinnern der Pulitzer Preise können wir schließen, dass der Grund für die Verleihung des Pulitzers der Eifer ist Lügen zu verbreiten und Terroristen zu helfen die Ausbreitung der Demokratie zu vereiteln."

    Nur damit wir uns nicht falsch verstehen, ich glaube nicht, dass das ein Jota anders wäre, wenn ein konservativer Cartoonist einen Pulitzer verliehen bekommen hätte. Nur dass dann halt die linke Seite der Politblogosphäre angefangen hätte zu zürnen. Allerdings ist die konservative Politblogosphäre derzeit besser organisiert und schlichtweg effektiver. Und insgesamt entwickelt sich das zu einer bedrohlichen Situation. Blogs werden als Bürgermedium gesehen, als Weg zu mehr Demokratie und einer Rückkehr zu den Graswurzeln. Aber das hier könnte erneut zu einem Beispiel dafür werden, wie Blogs effektiv eingesetzt werden um die Meinungsfreiheit zu beschneiden. Als letztes Jahr der Chef des amerikanischen CNN sagte, dass US-Soldaten im Irak auch schon mal bewußt auf Journalisten geschossen hätten, schaffte die Blogosphäre es einen derartigen Sturm im Wasserglas aufzuwirbeln, dass der Mann freiwillig zurücktrat. Seine Behauptung, die sich auf einzelne Soldaten bezog, wurde nicht geprüft.

    Und auch Cartoonisten kommen mit der Stärkung der Blogosphäre immer wieder unter die Räder. Ted Rall, der in seinen Cartoons die Witwen des 11. September als geldgierige Furien darstellte und einen Footballprofi, der freiwillig als G.I. in den Irak ging und dort starb, als Vollidiot bezeichnete, hat das schon mehrfach erlebt. Nach kontroversen Cartoons veröffentlichen manche Blogs die Adressen von Zeitungen, die diese veröffentlichten, so dass Protestbriefe geschrieben werden können. Sowas passierte auch als Gary Trudeau in "Doonesbury" statt eines Cartoons einfach die Namen von im Iran getöteten G.I.s abdruckte. Auch Ruhm und Auszeichnungen - und Doonesbury ist seit schon seit Viet Nam einer der vielgepriesensten politischen Cartoons - helfen oft nicht, wenn eine Zeitung dem Druck der vermeintlichen Leserschaft nachgibt und solche Cartoons präventiv gar nicht mehr veröffentlicht. Freiwillige Selbstbeschneidung. Man kann sich sicher sein, dass Mr. Anderson und das Courier-Journal auch von einigen Lesern hören werden, die die Zeitung bis dato nie in der Hand hatten. Und sowas könnte auf lange Sicht auch dazu führen, dass der Pulitzer-Preis nicht etwa das Interesse weiterer Zeitungen weckt, sondern diese einen Cartoonisten eher meiden, weil sie zuviel negative Reaktionen von der jeweils anderen politischen Seite befürchten.

    Sowas ist eine unschöne Entwicklung und leider der aktuelle Zustand des politischen Diskurses in den USA. Wir oder die. Gut oder Böse. Und zwar auf beiden Seiten. Die gesamte Mitte wird weggeschwämmt. Die Möglichkeit, dass es Teile der Bevölkerung geben mag, die sowohl "liberale" als auch "konservative" Cartoons (oder Leitartikel) lesen und versuchen daraus ihre eigene Meinung zu bilden, wird komplett ignoriert. Immer schön drauf wenn's nicht ins eigene Weltbild passt. Dabei gibt es übrigens interessante Fakten über den hasserfüllten Terroristenfreund Anderson.

    Tom Spurgeon schreibt, dass Anderson zwar essentiell ein nach links geneigter Cartoonist in einer eher konservativ orientierten Region der USA sei, aber dass er sich nicht an einen Vorfall erinnern könne bei dem die Leser über Anderson aufgebracht waren oder fanden, dass er komplett daneben gelegen habe.

    Das scheint erst jetzt zu kommen.

    2002 berichtete Anderson dem "Editor & Publisher"-Magazin, dass sich in den Neunzigern auch Clinton-Anhänger über seine Cartoons beschwert hätten, das aber in einem zivileren Tonfall taten. Und diese Woche gestand er im selben Magazin, dass er oft für einen demokratischen Präsidenten, aber auch für einen republikanischen Kongress gestimmt habe, so dass die beiden Parteien sich gegenseitig kontrollieren könnten. Verdammter Clinton kritisierender, Republikaner wählender Kommunist.

    Anderson dankt dem Courier-Journal dafür, dass sie an Editorial Cartoons glauben. Das ist eine Einstellung die wieder in mehr amerikanischen Zeitungen gepflegt werden sollte, denn politische Cartoons sind ein wichtiges Handwerkszeug um in einer Zeitung politisch zu argumentieren. Und dieses Handwerkszeug sollten sich Zeitungen nicht von ein paar Hundert Menschen aus der Hand nehmen lassen, die wahrscheinlich die fragliche Zeitung nichtmal lesen und erst durch radikal-einseitige Politblogs darauf aufmerksam wurden. Auch wenn das leider immer häufiger der Fall ist.

    posted by Björn um 17:22 | Permalink


    05.04.2005

    Humor ist wenn man trotzdem lacht
    (Comictrends?)

    Oder: Warum es dumm ist, sich von humorvollen Comics zu distanzieren.

    Dann also doch nochmal "Countdown to Infinite Crisis". Oder eher das, was "Crisis" laut Dan DiDio für DC bedeuten soll. Ein Tonwechsel. Ein Vorbote der Dinge, die da noch kommen werden. Härter, erwachsener, schockierender, zeitgemäßer. Das kann man begrüßen oder verdammen, und man tut das im Internet auch zur Genüge, aber ich halte diese "neue Richtung" von DC für einen strategischen Fehler. Das man in bestimmten Bereichen härter und dreckiger werden will nehme ich zur Kenntnis. Ich akzeptiere es, aber ich verstehe nicht, wieso ein Wechsel so komplett sein muss, dass er ein ganzes "Universum" betreffen wird. Besonders weil ich glaube, dass man sich damit auch ins eigene Fleisch schneiden wird.

    Das Hauptopfer in "Identity Crisis" war Sue Dibny. In "Countdown" erwischt es nun also den Blue Beetle. Da wird natürlich auch schon wieder harsche Kritik geübt, dass man den Blue Beetle tötet, aber seien wir mal ehrlich: Wer hat den Blue Beetle wirklich als wichtig für das DC-Universum befunden und wer glaubt, dass der Charakter in den letzten fünfzehn Jahren sinnvoll eingesetzt wurde? Eben. DC hat sich einen seiner C-Lister rausgesucht, lässt ihn (ganz sicher nur temporär) sterben und die Reaktionen im Internet sind wie geplant: Doch nicht den Beetle!!! Der war doch schon immer einer der besten Charaktere im DC-Universum!!!

    Schon klar.

    Allerdings hat der Tod vom Beetle trotzdem eine Relevanz, die über das augenblickliche Schockmoment hinausgeht. Mit Sue Dibny und ihm sind jetzt in zwei aufeinanderfolgenden Serien zwei Charaktere gestorben, die in "Formerly Known as the Justice League" tragende Rollen hatten und die in den Achtzigern Teil der eher absurden "Justice League of America" von Keith Giffen waren. Einer JLA die nur aus C-Listern bestand, ehe Grant Morrison in den Neunzigern die großen Jungs und das Mädel wieder in die Serie eingeführt hat. Und ich denke, da hat DC schon eine gewisse Agenda, die verfolgt wird. Eine Art Retcon ohne die Vergangenheit umzuschreiben.

    In einem CBR-Interview betont Keith Giffen, dass es für ihn okay ist, wenn DC den Blue Beetle tötet, immerhin ist das ihr Charakter und immerhin war der Blue Beetle nur in Giffens JLA weil DC ihm keine richtigen Charaktere geben wollte. Trotzdem wird man das Gefühl nicht los, dass DC hier Keith Giffen ein wenig ans Bein pinkeln möchte. Denn der Grund warum man Sue Dibny und den Blue Beetle auf die Kill-List gesetzt hat, dürfte sein, dass beide in einer humoristisch angelegten Serie mitgespielt haben. Zumindest hat sich dieser Verdacht bei mir eingeschlichen.

    Das ist insofern ein Problem, als Humor derzeit nur wenig Platz im DC-Universum hat. (Ausnahme sind die Titel von Grant Morrison, aber der hat den Superstarbonus und relative Narrenfreiheit. Wieviel Humor nach dem Ende von "Seven Soldiers" beim Guardian und Zatanna übrig sein wird, bleibt abzuwarten.) Und das ist mein wirkliches Problem mit diesen Events der letzten Zeit: Der Versuch Superheldencomics zu einer todernsten Angelegenheit zu machen. Jeden Superheldencomic. Wenn das DC-Universum ein ernsterer, bedrohlicherer Ort werden soll und wenn man die Serien wieder enger miteinander verknüpfen will, so scheint man bei DC zu denken, dann ist da einfach kein Platz für Serien die sich in alberneren Gefilden aufhalten oder sich auch mal selbstbewusst über die Konzepte von Superheldencomics lustig machen. Das würde den düsteren Anstrich versauen und auch die ernsten Serien zu sehr aufhellen. Am Ende ist keiner mehr darüber schockiert, dass C-Lister sterben und die Leute fangen an zu sagen: "Sind doch nur Comics." Das kann es doch nicht sein.

    Aber genau diesen Ansatz sehe ich als falsch an... und in letzter Instanz sogar als wirtschaftlich unbedacht. Also: in der Vergangenheit gab es Dinge, die vom heutigen Standpunkt aus betrachtet, albern oder kindisch waren. Oder zumindest nicht "erwachsen". Ch'p, die Green Lantern die aussah wie ein Cartooneichhörnchen. Bat-Mite, der magische Gnom aus der fünften Dimension, der im Batman-Universum für Chaos sorgte. Sprechende Supergorillas. Krypto, der Superhund. Die Justice League aus den Achtzigern. All das passt nicht mehr in die Superheldenwelt von 2005. Was also soll man tun, denn die Comics existieren ja numal.

    Eigentlich gibt es dann drei Möglichkeiten:

    a.) Wir ignorieren die Dinge einfach und hoffen dass Gras drüber wächst.
    b.) Wir akzeptieren diese Konzepte und zeigen, dass wir sie nicht so ernst nehmen

    Möglichkeit "A" ist der sichere Weg, bei dem eigentlich nicht viel schief gehen kann. Ignorieren wir Bat-Mite einfach, dann denkt in ein paar Jahren niemand mehr daran. Das war auch lange Zeit die typische Vorgehensweise. Vielleicht nicht ganz elegant, aber durchaus akzeptabel. Möglichkeit "B" ist sehr abhängig vom Autor. Bei einem guten Autor wirkt selbstreferentieller Humor immer ausgezeichnet und zollt zudem der Vergangenheit Respekt. Ja, wir wissen, dass das albern war, aber so waren die Zeiten damals. Bei einem schlechten Autor ruiniert es die aktuellen Entwicklungen und wirkt nur großkotzig und überheblich. Möglichkeit "B" ist also ein riskanteres Spiel, das sich aber auszahlen kann, wenn man weiß wie man seine Karten geschickt einsetzt. Und dann ist da noch Möglichkeit "C":

    c.) Wir akzeptieren diese Konzepte und machen sie nachträglich kaputt.

    Das ist in etwa das, was in den letzten Jahren bei DC und Marvel zum Standard geworden ist. Die "Justice League" der Achtziger passt nicht ins neue Jahrtausend. Man schämt sich ein wenig dafür, dass man sowas mal verlegt hat und verändert es darum rückwirkend. So wie man bei "Spider-Man" nachträglich aus Gwen Stacy eine Schlampe gemacht hat, weil es so zum Kotzen anständige All American Girls nicht gibt und das nach 40 Jahren albern wirkt. Natürlich steht es jeder Firma frei, sowas zu tun. Aber man muss sich doch fragen: Lohnt sich das? Die Abenteuer von Giffens JLA liegen 15 - 20 Jahre zurück, der Tod von Gwen Stacy geschah vor über drei Dekaden... muss man sowas heute noch "korrigieren", weil es nicht zum Zeitgeist passt?

    Das führt nämlich zu Problem 2, dem Teufelskreis. Zu glauben, dass die jetzigen düsteren, erwachseneren Comics besser seien, als die "JLA" in den Achtzigern oder "Spider-Man" in den Sechzigern ist ziemlich arrogant. Warten wir zehn bis fünfzehn Jahre und die heutigen Comics werden uns klischeebeladen, albern und nicht zeitgemäß erscheinen. Und warum? Weil sie für die Gegenwart geschrieben werden, nicht für irgendeine weit entfernte Zukunft. Comics sollte man in ihrem Kontext verstehen, nicht kontextfrei mit einer Zeitdistanz von mehreren Dekaden. Das wird ihnen nämlich nicht gerecht. Natürlich kann man argumentieren, dass sowas ein erwachsener Angang an kindische Elemente ist, aber das passt nicht ganz. Das ist eher Teenager-Rebellion. Gott, ich hasse die Klamotten mit denen ich in den Achtzigern rumgelaufen bin, die Kinderbücher die ich damals gelesen habe... also werfe ich alles auf einen großen Haufen und zünde es an. Wenn mich dann jemand darauf anspricht kann ich ja erklären, wie radikal ich mich vom damals gelöst habe. Nur dass so ein Verhalten nicht erwachsen ist, sondern ziemlich kindisch.

    Aber hier soll es ja um Humor gehen.

    Also, DC versucht sich momentan vom Humor zu lösen. Weil das die Fans wollen, weil man sich seiner Vergangenheit schämt oder weil man befürchtet, dass humoristische Comics das Klischee speisen, dass Comics für Kinder seien. Warum auch immer. Und das betrifft nun das ganze DC-Universum und auch die Vergangenheit des DC-Universums und alles was ich fragen kann ist: "Warum?" Was ist so schlimm an ein wenig Humor?

    Selbst "düstere" Serien im Fernsehen wie "Akte X", "Babylon 5" oder "Millennium" haben immer mal wieder eine Komödienfolge eingeschoben um den Fluß der Serie aufzulockern. Das ist ein gängiges Mittel, wenn eine Serie zu negativ wird hilft ein wenig Humor um dem Zuschauer die Laune nicht komplett zu vermiesen, aber auch um die anschließende Rückkehr zum Ernsten zu unterstreichen. In den klassischen Dramen gab und gibt es dafür das "Comedic Relief". Selbst in Shakespeares größten Tragödien gibt es Charaktere, die nur auf Humor ausgelegt sind und Szenen die der komischen Aufheiterung dienen. Warum sollten ausgerechnet Comics hier eine Ausnahme bilden. Zudem gilt: Wie im Kleinen, so im Großen.

    Vergleichen wir mal einen Verlag wie DC mit einem Fernsehsender, der kein Spartenkanal ist. Ein Fernsehsender versucht ein möglichst breites Publikum anzusprechen. Dramen, Actionfilme, Krimis... aber auch Komödien. Kein Fernsehsender würde heutzutage sein Programm ohne eine gewisse Dosis Humor bestreiten wollen, weil man sonst ein wichtiges Marktsegment - Leute die einfach nur unterhalten werden wollen - ignorieren würde. Aber genau diesen Schritt möchte DC jetzt scheinbar machen. Und die Frage die sich mir stellt: Ist es wirklich klug ein bestimmtes Marktsegment immer weiter auszuklammern, nur um ein anderes Marktsegment zu bedienen?

    Ich wage nämlich zu behaupten, dass Comics die Spaß machen und Sinn für Humor besitzen genau so gut geeignet sind um Neuleser zu gewinnen, wie die "ernsten Dramen" die man momentan pusht. Wenn nicht sogar besser. Wenn ich jemandem, der wenig bis nichts mit Comics am Hut hat, einen Comic ausleihe, dann ist es meist einer der folgenden drei Comics. "Punisher: Welcome Back, Frank", "She-Hulk" oder "The Goon". Früher war es meistens der "Punisher", inzwischen ist es meist "The Goon".

    Und, wisst ihr was? Ich habe bisher nur positive Reaktionen auf diese Comics gehabt. Vorallem "The Goon" löst wahre Begeisterungsstürme aus. Und ich denke, das hat seinen Grund. "The Goon" bietet das, was Comics tun sollten. Nicht alle Comics, aber doch zumindest ein Teil der Comics. Er unterhält blendend. "The Goon" mischt überzogene Comicaction mit Albernheiten und jeder Menge selbstbewussten Humor. Eric Powell nimmt sich und seinen Comic nicht todernst und das ist seine größte Stärke. Sind doch nur Comics. Und trotzdem schafft er es im zweiten Paperback dem Goon eine solide Backstory, Charakter und Motivation zu verpassen. Ein erstklassiger Beweis dafür, dass gutes Storytelling und Humor sich nicht im Wege stehen müssen, wie man momentan bei DC wohl glaubt.

    Das gilt auch für "She-Hulk". Dan Slott nimmt liebevoll die Unsinnigkeiten des Marvel-Universums aufs Korn und schafft es nebenbei, dass mir She-Hulk als Charakter sympathisch wird. Weil er ihr Stärken und Schwächen zuschreibt und sie nicht einfach als Schablone oder als Opfer der Witze verwendet, wie das bei John Byrnes "She-Hulk" der Fall war. Und das Marvel-Universum geht davon auch nicht unter. Ein anderes Beispiel habe ich in den letzten Wochen gelesen: Jeff Smiths "Bone". Im letzten Drittel wird "Bone" zu einem ausgewachsenen Fantasyepos mit einem gewaltigen Krieg, in dem auch Charaktere sterben, die wir schon seit den frühen Kapiteln kennen. Der Tod einer Figur, die ich sehr gemocht habe, hat mir wirklich Leid getan und die Beerdigungsszene war simpel, aber sehr rührend und effektiv. Und trotzdem verliert "Bone" nie seinen Humor. Selbst in den schwärzesten Momenten durchzieht den Comic eine postive Note. Das ist herrlich erfrischend und - wie gesagt - das macht den Tod von Charakteren nicht irrelevanter oder schwächt ihn ab. Im Gegenteil: Der Tod des besagten Charakters ging mir näher als es der Tod jedes Superhelden je tat oder tun wird.

    Ich möchte ja nicht viel, von mir aus soll es soviele Identitätskrisen und Runterzähler zu infinitiven Krisen geben, wie DC und Marvel möchten. Aber wenn diese Verlage ein wirklich starkes Superheldenuniversum haben möchten, dann sollten sie dabei dem Humor nicht die Tür vor der Nase zuschlagen. Amüsante, selbstbewusste Comics ruinieren die ernsten, düsteren Comics die man gerade machen will nicht. Das schaffen die nämlich schon ganz alleine. Vielleicht sollte man auch den Begriff "Comic" wieder stärker betonen, denn anders als in "Graphic Novel" oder "Visual Narrative" steckt da die Komik schon drin, die man ignoriert. Natürlich war die Vergangenheit albern, das ist immer so. Aber ich finde die Art wie Fred Hembeck, Mark Evanier oder Mike Sterling damit umgehen, wie sie ihren Spaß mit diesen albernen Aspekten haben und trotzdem Respekt zollen, viel angenehmer und viel vorbildlicher als das nachträgliche Zurechtbiegen von Zeitgeisterscheinungen.

    Kurzum: Ich will für mich mehr Comics, die ihren Sinn für Humor bewahren. Ich will mehr Comics, die sich ihrer Wurzeln bewusst sind und diese akzeptieren, so wie das bei Grant Morrisons Superheldencomics der Fall ist. Ich will Comics die mich fordern und die ernsthaft sind, aber ich will zum Ausgleich auch Comics die mich einfach unterhalten. Oder beides verquicken. Und ich glaube ernsthaft, dass es da draußen ein Publikum für humorvolle Comics gibt und ich glaube auch, dass es strunzendämlich ist, dieses Publikum zu ignorieren.

    Marvel ist auf einem guten Weg, solange man die Dan Slott-Titel ordentlich behandelt und sie an den richtigen Stellen bewirbt. Und DC? Die sollen von mir aus ihre bierernsten Superheldencomics (ist das nicht eigentlich ein Widerspruch in sich?) verlegen und damit Millionen einfahren, auch wenn sie so keinen einzigen Neuleser ansprechen. Macht doch was ihr wollt, ich geh nach Hause. Da wartet nämlich das dritte Paperback vom "Goon" auf mich und ich weiß jetzt schon, dass ich mit dem mehr Spaß haben werde als mit allen dieses Jahr verlegten DC-Comics zusammen.

    Also los, Comic: Entertain me!

    posted by Björn um 12:15 | Permalink


    02.04.2005

    This is how they do it
    (Aktuelles)

    Ich möchte über DCs frisch erschienenen Schockcomic gar nicht reden, weil er mich eigentlich nicht wirklich interessiert. Das heißt: inhaltlich ist es mir egal, wer nun stirbt und wer wieder lebt und ob das DC-Universum nie wieder so sein wird, wie es mal gewesen ist. Ich habe in den letzten Wochen genug tolle Comics gelesen um diesen Eventcomic zu ignorieren, oder zumindest eine ziemlich egale Haltung dazu einzunehmen.

    Aber gleichzeitig bin ich natürlich von der wirtschaftlichen Seite her interessiert wie der Comic einschlagen wird. Immerhin ist es das, was wirklich zählt und was wirklich festlegt, in welche Richtung sich das DC-Universum bewegen wird. Die Verkaufszahlen werden wir erst in einigen Wochen sehen (und dieser Titel wird wahrscheinlich nochmal drei oder vier Nachdrucke bekommen, wenn "Identity Crisis" ein Indikator ist), aber mit diesem netten Tool kann man Trends in der Blogosphäre verfolgen.

    Ergenisse (wie alle Statistiken mit äußerster Vorsicht zu genießen):

    a.) Infinite Crisis zieht in der aktuellen Diskussion an "Identity Crisis" vorbei.
    b.) "Funny Books" versus "The New Grim'n'Gritty" = 0 : 2.
    c.)"The Goon": immer noch cooler als "Infinite Crisis".

    ***

    Und dann noch in eigener Sache: Die Aprilscherz-Sammlung von gestern wurde heute Morgen noch ein wenig erweitert.

    posted by Björn um 15:35 | Permalink


    01.04.2005

    Frisch aus der Druckerei, 9/05
    (Comic-Neuheiten der Woche)

    HIGHLIGHT DER WOCHE: Die ersten beiden Hefte seiner Reihe Geschichten aus den Neunzigern hat der Hamburger Fab (alias Fabian Stoltz) noch in Eigenregie veröffentlicht. Jetzt hat ihn der Verlag Schwarzer Turm, der sich immer mehr zu einem der wichtigsten Förderer deutschen Comic-Nachwuchses mausert, unter seine Fittiche genommen. Dort erschien letzte Woche die dritte Neunziger-Geschichte An solchen Tagen. Wer ein Faible für realistische Alltagsgeschichten hat, sollte hier dringend mal reinschauen.

    Bei Reprodukt gibt es neues von C.X. Huth, einem der Mitbegründer der Berliner Renate-Crew: in deren Magazin erschienen bereits einige seiner Hasenhäschen-Geschichten, die jetzt als Sammelband vorliegen. Ein eher spezielles Vergnügen irgendwo zwischen Krakelei, Niedlichkeit und Kunst.

    Und noch eine deutsche Eigenproduktion: die Mangaka Prin & Umi Konbu stammen zwar aus Japan, leben und arbeiten aber in Deutschland. Bei Eidalon erschien jetzt der zweite Band ihrer Serie Tomoe um einen weiblichen Samurai.

    Eduardo Risso ist bei uns vor allem durch seine Zeichnungen in der Vertigo-Serie "100 Bullets" bekannt. Der Argentinier ist aber auch im Albenbereich aktiv. Bei Kult Editionen gibt's jetzt den ersten Band der Fantasyreihe Roter Mond, geschrieben von Carlos Trillo ("Kater Neferu").

    Ebenfalls bei Kult: ein neuer Band des Belgiers Hermann ("Jeremiah"), geschrieben von seinem Sohn Yves H.: The Girl From Ipanema. Für die ganz harten Fans gibt es den Krimicomic auch als Luxusausgabe mit signiertem Druck für 75 Euro.

    Dieses Wochenende startet in den USA die lang erwartete Verfilmung von Frank Millers Sin City. Der Film von Robert Rodriguez, der sich streng an die Comicvorlage hält und mit Stars wie Bruce Willis und Benicio Del Toro aufwartet, wird in Deutschland noch eine Weile auf sich warten lassen. Die Comics allerdings gibt es jetzt in einer schicken Neuauflage aus dem Hause Cross Cult. Dort hat man mit "Hellboy" bereits gezeigt, dass sich schwarzweiße Comics im edlen, kleinformatigen Hardcover recht gut verkaufen lassen.

    posted by Thomas um 20:51 | Permalink


    Pieces of April
    (Link-O-Rama)

    Wow, nachdem die ganze Woche gar nichts los war, scheint sich die Comicwelt zum Freitag hin nochmal richtig zu bewegen. War wohl nur die Ruhe vor dem Sturm:

  • Alan David Doane erkennt, dass DCs neuer Hypetitel "Infinite Crisis" all den Hype rechtfertigt und das "Watchmen" endlich einen legitimen Nachfolger erhalten hat.

  • Heidi MacDonald hat ihre Insiderkontakte zu DC genutzt und erfahren, dass Dave Sim exklusiv für DC eine Miniserie über Sue Dibny schreiben wird. Wenn man bedenkt, wie schwer es die Frau in ihren letzten Monaten bei DC hatte ist es nur legitim, dass ein einfühlsamer Feminist wie Dave Sim diese Serie schreiben darf. "Infinite Crisis" mit Kritikerlob überschüttet, jetzt dieser wagemutige Schachzug... Hey, vielleicht geht es ja doch endlich aufwärts mit DC.

  • Dorian Wright und Mike Sterling, das dynamische Duo der Blogosphäre, haben sich für ein neues Seitendesign entschieden. In beiden Fällen sehr gelungen.

    Update: Auf Anfrage hat Dorian das "Postmodern Ruin"-Template auf einer Extraseite wieder online gestellt. Man kann das Design, zusammen mit einer Nachricht die ihm vermutlich Brian Bendis übersetzt hat, hier sehen. Und einen Screenshot von Mikes "Progressive Barney" findet sich hier. Danke dafür.

  • BeaucoupKevin gibt derweil seine Pseudointellektualität auf und gesteht sich endlich ein, was er wirklich ist.

  • Weil ja noch nicht genug sinnloses Nostalgie-für-Erwachsene-Gedöns auf dem Markt ist. Der Wizard kündigt an, dass amerikanische Frühstücksflockenmaskottchen wie Count Chocola und Frankenberry ihren eigenen Horrorcomic bekommen werden. Als wäre "Space Ghost" noch nicht schlimm genug.

  • Yet Another Comic Blog stellt fest, dass große Geister tatsächlich in ähnlichen Bahnen denken. Oder Ideen klauen. Die Ähnlichkeiten in diesen Cartoons sind schon beängstigend.

  • Nochmal Heidi MacDonald. Die hat herausgefunden, dass DCs Bob Wayne und Marvels Joe Quesada Pseudonyme benutzen um Manga bei Tokyopop zu veröffentlichen. Guter Comicjournalismus, Miss MacDonald. Superheldenfanboyaufschrei wird erwartet in drei, zwei, eins...

  • Jetzt wo Rich Johnston Vaterschaftsurlaub macht müssen die Gerüchte von "All The Rage" geliefert werden. Und da wird ein richtig guter Job gemacht, denn uns steht einiges in Haus. Bill Jemas 360pm wird "Captain N - The Game Master" wiederbeleben, zusammen mit Jim Shooter und Mark Alessi, der so sein Sigilverse wieder zurückbringen kann. DC will Lobo, nach dem missglückten "Lobo Unbound" als Manga bei CMX veröffentlichen und Frank Miller wird sich bei "All-Star Batman" an der Burt Ward/Adam West-TV-Show orientieren, weil er genug von grim'n'gritty hat. All das mit schönen Previewbildern unterlegt. Ich glaube 2005 wird doch ein gutes Comicjahr.

    Und weil inzwischen ohnehin jedem klar sein dürfte, dass es sich dabei um Aprilscherze handelt:

  • Fanboy Rampage ermittelt: Rich Johnston postet einen Aprilscherz auf Millarworld. Mark Millar und Rich Johnston beginnen sich an die Gurgel zu gehen. Brian Michael Bendis mischt sich ein. General chaos ensues. Ich weiß nicht ob das ein großer, misslungener Aprilscherz oder einfach nur traurig ist. Ich hoffe auf ersteres.

    Habe ich einen Aprilscherz übersehen? Einfach in die Comments linken und ich nehme ihn dann noch in die Liste auf.

    posted by Björn um 11:20 | Permalink