Wanted


USA 2008, Regie: Timur Bekmambetov, Hauptdarsteller: James McAvoy (Wesley Allan Gibson), Morgan Freeman (Sloan), Angelina Jolie (Fox), Terence Stamp (Pekwarsky), Thomas Kretschmann (Cross)




Wanted - Der Comic
Wanted war ursprünglich eine sechsteilige Miniserie, die beim Verlag Top Cow als Teil von Mark Millars groß angelegter Aktion "Millarworld" erschien. Unter diesem Label sollten parallel verschiedene Comics von Millar erscheinen, alle bei unterschiedlichen Verlagen. Millar nutzte so die Popularität, die er als Autor vor allem von The Authority und The Ultimates erlangt hatte, um eigene Ideen als "creator owned"-Projekte zu verwirklichen. Ein Teil dieser Comics erschien nie oder nur arg verspätet, und Wanted blieb der einzige echte Erfolg der Millarworld-Linie. Millar, der in Sachen Selbstmarketing keine Schmerzgrenzen kennt, pries Wanted als "Watchmen der Superschurken" an und landete damit einen Bestseller.

Wanted erzählt von Wesley Gibson, einem selbstmitleidigen Loser, der ein frustrierendes Leben zwischen ungeliebtem Job und untreuer Freundin führt und sein Leben hasst. Dieses dreht sich um 180 Grad, als er von einer toughen Lady aufgegabelt wird, die Wesley in eine unbekannte Welt einführt: die der mächtigen Superschurken. Die Superschurken haben in den achtziger Jahren alle Superhelden vernichtet und lenken seitdem unerkannt die Welt. Wesleys Vater war einer dieser Schurken, ein gefürchteter Killer, und Wesley soll jetzt sein Erbe antreten. Dabei gerät er schnell zwischen die Fronten eines Intrigenspiels zwischen verschiedenen Schurken, die um die Macht kämpfen.

Der Wanted-Comic bot einige gelungene Seitenhiebe auf die Superhelden von Marvel und DC, enttäuschte aber in der Charakterisierung seiner Hauptfigur, die letztlich eine unsympathische Projektionsfläche für pubertäre Allmachtsfantasien blieb (hier eine Comicgate-Rezension aus dem Jahr 2006). In Sachen Action, Härte und Gewalt setzte der Comic durchaus Maßstäbe, so dass Leser, die auf deftige Kost stehen, durchaus auf ihre Kosten kommen.

Wanted - Der Film
Noch bevor die Serie komplett erschienen war, hatte Millar die Filmrechte an die Universal-Studios verkauft. Als Regisseur wurde der Russe Timur Bekmambetov verpflichtet, der sich durch die russischen Blockbuster Wächter der Nacht und Wächter des Tages einen Namen in der Filmwelt gemacht hat. Wanted ist sein erster Hollywood-Film. Die Hauptrolle des Wesley Gibson bekam der Schotte James McAvoy (Abbitte), der bislang nicht als Actionheld aufgefallen war. Ganz im Gegensatz zu seinem weiblichen Gegenpart, Angelina Jolie (Tomb Raider, Mr. & Mrs. Smith). Sie spielt die Rolle der Fox, die Wesley in sein neues Leben als Killer einführt.

Das Drehbuch stammt von Michael Brandt und Derek Haas, die u.a. auch das Skript zu Todeszug nach Yuma und zum Auto-Fetischisten-Film 2 Fast 2 Furious geschrieben haben. Bei der Adaption von Millars Comicvorlage nahmen sie sich sehr große Freiheiten. Die einschneidendste Änderung gegenüber dem Comic ist wohl die, dass der komplette Superhelden-/Superschurken-Aspekt entfernt wurde. Wesleys Vater war demnach kein Superschurke, sondern Mitglied einer Geheimgesellschaft namens "Die Bruderschaft", die hinter den Kulissen der Gesellschaft die Fäden zieht und die wenig Skrupel hat, über Leichen zu gehen. Ihr Motto lautet "Töte einen, rette Tausende!" Geleitet wird die Bruderschaft von einem gewissen Sloan, der von Morgan Freeman gespielt wird und in den Comics nicht auftaucht. Außerdem haben sich die Autoren noch ein mystisches Element einfallen lassen: Einen Webstuhl, der regelmäßig Stoffmuster ausspuckt, auf denen dann der Name des nächsten Opfers steht, das von der Bruderschaft getötet werden muss.

Ein Grund für die starken Abweichungen zwischen Comic und Film: Am Drehbuch wurde schon geschrieben, als erst zwei der sechs Hefte erschienen waren. Daher ist das erste Drittel des Films der Vorlage noch relativ treu, ehe er dann einen anderen Kurs einschlägt. Mark Millar lässt sich dazu im Presseheft so zitieren: "Die ersten 40 Minuten des Films sind, Szene für Szene, mit dem Buch praktisch identisch, und das hat mir sehr gefallen. In der ersten Drehbuchfassung war das nicht der Fall gewesen, aber nachdem Timur an Bord gekommen war, begeisterte er sich für viele der eher düsteren Aspekte des Stoffs. Ich hatte mir schon gedacht, dass man wohl die eher abgefahreneren Teile des Comics unter den Tisch fallen lassen würde, aber Überschriften, Voice-Overs, Dialoge und ganze Sequenzen wurden unverändert direkt aus dem Buch übernommen. Das hat mir große Freude bereitet. Eines dieser Direkt-Transplantate ist eine meiner Lieblingsszenen, die Eröffnungssequenz, in der ein Typ plötzlich einen Punkt auf seiner Stirn sieht, seine Waffen zieht, aus dem Fenster springt und diesen Mördern hinterher jagt. Es ist wirklich wunderbar, dass auch im Film Einstellung für Einstellung dem Comic gleicht."

Ganz so wichtig ist die Handlung in Wanted aber wohl ohnehin nicht - Timur Bekmambetov wollte vor allem ein furioses, visuell überwältigendes Action-Feuerwerk abfackeln - und dies scheint ihm, den Trailern nach zu urteilen, auch gelungen zu sein.

Das Presseecho
Wanted, der in den USA und anderen Ländern schon vor etlichen Wochen angelaufen ist, bekam von den Kritikern recht unterschiedliche Noten. Sehr angetan zeigen sich die meisten von Bakmambetovs hyperaktiver Action-Inszenierung, die mit viel schwarzem Humor und allerlei originellen visuellen Ideen daherkommt. Fast alle Kritiker bescheinigen Wanted einen hohen Unterhaltungswert. In einigen Reviews fällt das Stichwort "The Matrix meets Fight Club", und es ist wohl Geschmackssache, ob man dies als Lob oder als Tadel auffasst.

Bemängelt werden immer wieder eine relativ sinnlose Handlung, große Logiklöcher, der Waffenfetischismus und die Brutalität des Films (der in Deutschland erst ab 18 Jahren freigegeben ist). Oft kritisiert wird auch die Form, wie der Film Gewalt zelebriert, wie er den Akt des Mordens ästhetisch auskostet. In der britischen Zeitung The Guardian beklagt Peter Bradshaw außerdem das Frauenbild in Wanted: "I can't help thinking that if a film treated any ethnic group the way this treats women, it would find itself in pretty hot water." Die moralisch zweifelhafte Position, die der Film einnimmt, passt dann auch wieder zum Comic, denn diesen schalen Beigeschmack besaß Mark Millars Vorlage auch schon. tk




Da wir Wanted noch nicht gesehen haben, entfällt die Popcorntüten-Wertung.

Links:
Offizielle Film-Website (englisch)
Offizielle Film-Website (deutsch)
Website zum Comic bei Top Cow
Wanted in der Wikipedia

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