Rezensionen

Pornografik

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Cover PornografikEinen pornografischen Comic zu produzieren birgt zwangsläufig die Gefahr, dass das Endergebnis billigt wirkt. Die Erzählebene kann dann schon mal extrem in den Hintergrund rücken oder kaum existent sein, die Bilder dafür umso reißerischer und unrealistischer.

In seinem kleinen Büchlein Pornografik ist es dem spanischen Künstler Nacho Casanova allerdings durchaus gelungen, die Thematik künstlerisch anspruchsvoll aufzubereiten. So ist sein Werk, das aus mehren kurzen Episoden besteht, sowohl explizit in seiner Darstellung, wenn es die Geschichten verlangen, gleichzeitig aber auch sehr subtil. Ein Spagat, der durch Casanovas feines Gespür dafür zustande kommt, wann er welchen Ausschnitt des Geschehens eben gerade ausspart.

Dieser grafische Trick funktioniert dergestalt, dass bei konkreten sexuellen Handlungen entweder nur die Gesichter gezeigt werden, nicht aber die Unterleiber, oder umgekehrt bei Nahaufnahmen von Geschlechtsteilen die Gesichter der handelnden Personen nicht zu sehen sind. Das Ganze ist ein spielerischer Versuch, den Reiz unter anderem auch über die Vorstellung des Lesers zu erzeugen. Dazu benutzt der Autor mal eine straffe Seiteneinteilung mit 12 gleichförmigen Panels pro Seite, mal verzichtet er völlig auf einen äußeren Rahmen.

Seite aus PornografikDie Geschichten an sich handeln von alltäglichen Begebenheiten, von der Banalität der Begierde. Dass der künstlerische Anspruch unter diesem Leitmotiv nicht leidet, liegt an der Variabilität und Authentizität der Episoden. Und letztlich sind diese auch einfach mit ganz feinen, brüchigen Strichen, beinahe wie spontan in ein Skizzenbuch gekritzelt, überzeugend bebildert.

Auffällig ist in diesem Zusammenhang, dass Frauen in diesem Comic durchgängig eine starke Rolle spielen: Eine Dame lässt sich mit einem Glas Wein in der Hand von einem Mann oral befriedigen, eine andere wird auf einer Terrasse von jemandem voyeuristisch beim Wäscheaufhängen beäugt und genießt die Blicke sichtlich, eine andere posiert aus eigenem Antrieb als Modell für den zeichnenden Freund. Mit dieser Zentrierung auf das weibliche Geschlecht wollte Nacho Casonova vermutlich schon im Ansatz dem Vorwurf, bei Pornografie würde die Frau gedemütigt, den Wind aus den Segeln nehmen. Bei diesem Comic kann man ein solches Argument tatsächlich nicht gelten lassen.

Wer einen künstlerisch anspruchsvollen Pornografie-Comic sucht, der ist bei diesem Band an der richtigen Stelle. Wer so gar nichts mit diesem speziellen Thema anfangen kann, dem braucht man wohl allerdings auch nicht mit der hohen Kunst zu kommen.

Und natürlich sei es der Vollständigkeit halber erwähnt: Aufgrund der expliziten Darstellung ist Pornografik ausschließlich für Erwachsene geeignet

 

Wertung: 7 von 10 Punkten

Subtile Inszenierung mit schicken Bildern (ungeachtet des Grundthemas)

 

Pornografik
Diabolo Comics, Juli 2014
Text/Zeichnungen: Nacho Casanova
Übersetzung: Andre Höchemer
128 Seiten, schwarz-weiß, Hardcover
Preis: 14,95 Euro
ISBN: 9788415839927

 

Abbildungen: © der dt. Ausgabe: Diabolo Comics