Rezensionen

Kreuzfahrer 1 – Das Gespenst mit den Silberaugen

Cover Kreuzfahrer 1Was ist eigentlich so verkehrt an rein historischen Comics? Wieso müssen neue historisch orientierte Serien sich häufig der Faktentreue verweigern und sich stattdessen einem Genremix hingeben? Mittlerweile wäre eine treue Historienadaption mal sehr außergewöhnlich. Aber die Herangehensweise, mehrere Genres zu mischen, hat natürlich auch Vorteile. So wäre historische Faktentreue ein Gerüst, welches die Handlung stark einschränken würde, da man sich nicht beliebig viele Freiheiten nehmen kann. Meist bleibt die Faktentreue denn auch auf das Dekor beschränkt. Andererseits hat Geschichte immer genügend weiße Flecken, die von Fantasie und Schöpferkraft gefüllt werden können. Man kann eben nie alles über das Vergangene wissen. In der Kombination von Tatsachen und anderen Faktoren werden erstere nicht nur glaubwürdiger, sondern reizen auch die Fantasie des Lesers eben aufgrund der weißen Stellen der Geschichte. So kann man ein grobes historisches Gerüst mit vielen Elementen anreichern, die eindeutig der Fantasie entspringen, aber in der Kombination mit dem Wahren den Anschein erwecken, dass es so hätte sein können.

Seite aus Kreuzfahrer 1In Kreuzfahrer von Izu und Alex Nikolavitch dient der gescheiterte fünfte Kreuzzug als Ausgangspunkt. In der ägyptischen Stadt Damiette wurde das Kreuzfahrerheer von einer ungewöhnlichen Pest dezimiert und musste sich geschlagen geben. Soweit die Fakten (auch real existierende Personen wie die Päpste treten auf). Im Comic wird nun konstatiert, dass die sogenannten „Assassinen“ für die Seuche verantwortlich waren und alchemistische Künste praktizierten, um Monster zu erschaffen, die als Waffe dienen sollten. Wilhelm von Sonnac, ein Tempelritter und Forscher, macht sich mit einer kleinen Schar von Rittern Jahre später daran, das Rätsel zu lösen. Mit einem Mongolen als ungewöhnlichem Verbündeten geraten die Templer aber in des Teufels Küche. Oder besser: in seine Speisekammer.

Wie schon seit mehreren Jahren sehr beliebt (z.B. in Das Dritte Testament, Missi Dominici und Das fünfte Evangelium), wird hier ein Historiencomic als Mysterythriller entworfen. Diesmal sind aber weniger christliche Elemente enthalten, sondern stattdessen ein ordentlicher Schuss Horror mit dazugehörigen Splattereinlagen: Königreich der Himmel trifft Resident Evil. Gut, der Genremix funktioniert einigermaßen. Denn warum sollte es Zombies und verwandte Monster nur in der Neuzeit gegeben haben (siehe dazu auch The Zombie Survival Guide – Recorded Attacks von Max Brooks)? Allerdings lässt das letzte Panel mit seinem Cliffhanger den Leser dann doch den Kopf schütteln. Das ist eindeutig zu viel des Guten. Aber man ist schon auf den nächsten Band gespannt, ob sich die diesmal negativ gefärbte Erwartung bestätigen wird.

Seite aus Kreuzfahrer 1Dennoch ist der Band recht unterhaltsam und spannend zu lesen. Das liegt zum einen an der Story und an der Gruppendynamik zwischen den handelnden Personen, die sich wahrlich nicht immer verstehen. Vor allem Wilhelm und sein Bruder sind verfeindet, aber auch das Misstrauen gegenüber zwei neu dazu gestoßenen Figuren ist groß. Die Animositäten innerhalb der Gruppe sind aber nicht immer deutlich herausgearbeitet. Sie sollten wohl nicht die Handlung verschleppen. Zum anderen haben die sehr detailreichen und dynamischen Zeichnungen von Zhang Xiaoyu großen Reiz. Der asiatische Background des Zeichners ist nicht zuletzt bei den Speedlines in den Actionszenen zu bemerken, die eindeutig von Manga beeinflusst worden sind. Die Hintergründe sind sehr detailreich ausgeführt, und vor allem kann auch die Farbgebung (Zhou Hualong und Li Jian) glänzen. Besonders die Lichtsetzung ist sehr gelungen und schafft nicht nur Stimmungen, sondern passt sich auch den jeweiligen geographischen Standorten an und vermag es somit, die Exotik der Schauplätze zu verstärken.

 

Wertung: 7 von 10 Punkten

Kreuzzüge sind wieder „in“, aber hier in Verbindung mit Horror sehr unterhaltsam und spannend.

 

Kreuzfahrer 1 – Das Gespenst mit den Silberaugen
Splitter Verlag, April 2011
Text: Izu, Alex Nikolavitch
Zeichnungen: Zhang Xiaoyu
Seiten, farbig, Hardcover im Buchformat
Preis: 19,80 Euro
ISBN: 978-3-86869-334-8
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Abbildungen © der dt. Ausgabe: Splitter Verlag