Rezensionen

Die große Odaliske

Cover Die große OdaliskeDie beiden attraktiven jungen Damen Carole und Alex sind Spezialistinnen für Kunstraub. Mit Einbruchsausrüstung und Feuerwaffen erleichtern sie Museen klammheimlich um wertvolle Originale. Für ihren jüngsten Auftrag, den Diebstahl des Gemäldes „Die grosse Odaliske” von Ingres, müssen sie gar den berühmten Louvre in Angriff nehmen. Da dieser Job für zwei Mädchen allein zu groß ist, entschließen sie sich, die Hilfe der Motorrad-Akrobatin Sam in Anspruch zu nehmen.

Für diesen ungewöhnlichen Comic hat sich das Künstlerduo Ruppert & Mulot (Affentheater) mit dem viel beschäftigten Bastien Vivès (In meinen Augen, Polina) zusammengetan. Herausgekommen ist ein Einzelband, der sich am ehesten als experimenteller europäischer Actioncomic beschreiben lässt. Das reizvolle Frauentrio erinnert stark an die US-Comicserie Danger Girl, wenngleich es bei Die große Odaliske ein Stück weit realistischer zugeht.

Die Story an sich ist sehr geradlinig und strukturiert, insgesamt lässt sich die fehlende Tiefe kritisieren. Dafür machen die Kreativen in Sachen Action keine Kompromisse: Selten waren Einbrüche so sexy, so rasant und aufwendig inszeniert wie hier. Helikopter, die abgeschossen werden, Motorräder, die durch den Louvre jagen. Das alles folgt einem Drehbuch wie aus einem James-Bond-Film. Deswegen ist man am Schluss auch ein bisschen enttäuscht, dass die Story schon so schnell vorbei ist und man „nur” einen guten Genrevertreter vorgesetzt bekam.

Seite aus Die große OdaliskeAls reiner Actioncomic ist der Band jedoch hervorragend, nicht nur weil er wegen durch Figuren und Handlungsort einen europäischen Einschlag hat, sondern weil jede einzelne Szene perfekt umgesetzt wurde. Ruppert, Mulot und Vivès variieren immer wieder mit Einstellungen, streuen mal kleine Panels ein und dann ganzseitige Bilder, zoomen heran, verändern Blickwinkel oder lenken die Aufmerksamkeit von den Figuren weg. Die ähnliche gelagerte Comicserie Danger Girl kann solch eine ungebundene Virtuosität nicht aufweisen, genauso wenig wie die allermeisten schematisch ablaufenden Hollywood-Produktionen.

Wäre dieses Comicprojekt nicht auf eine übersichtliche, in sich geschlossene Handlung ausgelegt, sondern würde sich mehr Freiheiten abseits der Action und mit mehr Tiefe gönnen, es wäre ein Meisterwerk. Weit überdurchschnittlich ist es auch so bereits. Nichts weniger konnte man von den beteiligten Künstlern aber auch erwarten.

 

Wertung: 8 von 10 Punkten

Inhaltlich Genrekost, grafisch brillant. Ein ungewohnter Actioncomic.

 

Die große Odaliske
Reprodukt, Juni 2013
Text und Zeichnungen: Ruppert, Mulot, Bastien Vivès
Übersetzung: Mireille Onon
128 Seiten, farbig, Softcover
Preis: 20 Euro
ISBN: 978-3-943143-43-0
Leseprobe

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Abbildungen: © der dt. Ausgabe: Reprodukt