Rezensionen

Der Dunkle Turm

 Über 30 Jahre lang hat Romanautor Stephen King an seinem Hauptwerk Der Dunkle Turm gearbeitet, das mit dem siebten vorgelegten Buch sein Ende fand. Es ist Kings wohl signifikantestes Werk, das auch für den Autor selbst von großer Bedeutung scheint. Den Schritt in den Bereich der Comics tritt Kings Schöpfung nicht mit einer Adaption der Romanstoffe, sondern mit einer Art Ergänzung zum Dunklen Turm an. Erzählt wird die Jugend des Revolvermannes Roland Deschain, der dem Mann in Schwarz zukünftig durch die Wüste folgen wird.

Früher als geplant muss Roland die Prüfung zum Revolvermann ablegen und sich mit seinen Freunden auf die Reise in die Baronie Majis begeben. Roland begegnet Susan Delgado und verliebt sich schließlich in sie, doch nicht nur diese Verwicklung erweist sich auf seiner Reise als weiterer Prüfstein, denn Gefahren lauern in der Welt des Dunklen Turms an allen Ecken.

 Die durch Superhelden-Comics bekannten Peter David (u.a. Hulk) und Jae Lee (u.a. The Sentry) bilden das Kreativduo für die erste von mehreren geplanten Miniserien um den Dunklen Turm, die bei Marvel erscheinen sollen. Die im ersten Sammelband enthaltene, siebenteilige Reihe „Gunslinger Born“ führt den Leser tief in eine atmosphärisch dichte und eigentümliche Welt, die sich King-Leser bislang nur in ihren Köpfen ausmalen durften. Kurz umrissen lässt sich Der Dunkle Turm, im Gegensatz zu vielen anderen Vorlagen Stephen Kings, als sehr realitätsfremd beschreiben. Es ist eine Realität, die Wildwest mit düsterer Fantasy verbindet, in der Revolvermänner gegen furchteinflößende Monster antreten, in der eben aber auch gruselige Schauer generiert werden, wie man sie von Kings Werken kennt.

Grafisch setzt Jae Lee diese Finsternis sehr stimmig um, ist er ohnehin ja ein Künstler, der stark auf großflächige Schattierungen setzt, dessen gezeichnete Personen oftmals in Dunkelheit zu versinken scheinen. Einzig die Kolorierung von Richard Isanove lässt mir den Spaß an Lees prächtigen Bildern etwas verleiden. Es mag aus meiner subjektiver Wahrnehmung resultieren, aber gerade bei den diffizilen Bleistiftzeichnungen von Jae Lee erzeugt die allzu deutlich erkennbare digitale Nachbearbeitung ein zu glattes und rundes Gesamtbild – im Anhang des Comics kann man übrigens einige von Lees Covern im Rohzustand direkt mit den kolorierten vergleichen.

 Inhaltlich liest sich Der Dunkle Turm als Comic sehr flüssig, weil auch schlicht deutlich wird, dass man zwei renommierte US-Künstler ans Ruder ließ. Dass nicht einfach die vorhandenen Romane adaptiert werden, sondern stattdessen großer Wert auf eine direkte Anknüpfung mit der von King über Jahrzehnte aufgebaute Kontinuität gelegt wird, kommt der Story zusätzlich zugute. Der Zyklus um den Dunklen Turm wird erweitert und, laut begeisterten Fans, klug in die bestehende Welt eingebaut, somit entstand ein eigenständiger Comic auf der einen, ein Schmankerl für Fans auf der anderen Seite.

Die wichtigste Frage resultiert aber sicherlich aus der Tatsache heraus, dass dem Comicband sieben Bücher und rund 30 Jahre Geschichte vorausgehen.  Wie reizvoll ist der Comic also für Leser, die zum ersten Mal mit dem Kosmos des Dunklen Turms konfrontiert werden? Nun, sicherlich kann man den Comic ohne Vorwissen lesen und seinen Spaß daran haben. Aber, und das ist im Fazit mit Sicherheit als größtes Manko zu bewerten, die mitunter komplexe Handlung macht es für Neueinsteiger schwierig, sich zurecht zu finden. Ich selbst kenne keinen der Romane und war sehr schnell sehr frustriert, da man von Beginn an das Gefühl hat, die größeren Zusammenhänge verpasst zu haben. Es ist wie bei vielen nachträglich produzierten Prequels, auch im Filmbereich: Zwar werden die Anfänge erzählt; aber ohne die anderen Teile zu kennen, macht's nur halb so viel Spaß.

Trotzdem besitzt der Comic genug Eigenständigkeit, um auch als gelungener Einzelband verstanden zu werden; am meisten Freude werden aber sicherlich die hartgesottenen King-Leser und Fans des Dunklen Turms haben. Freude macht in jedem Fall das gut ausgestattete deutsche Paperback von Heyne, das ein Poster mitliefert und als Anhang u.a. eine Palette der Cover und zahlreichen Variantcover (immerhin von Künstlern,wie John Romita jr., Billy Tan, J.Scott Campbell u.v.m.) enthält.

Anmerkung: Im Februar 2009 erscheint beim Splitter Verlag eine edle Sammlerausgabe von Der Dunkle Turm im großen Albenformat.

 

Der Dunkle Turm: Graphic Novel
Heyne; Juli 2008
Text: Robin Furth, Peter David
Zeichnungen: Jae Lee, Richard Isanove
240 Seiten; Softcover; farbig; 19,95€
ISBN: 3453265785

guter Comic, der aber ohne Vorwissen zu komplex ist

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Der Dunkle Turm © Stephen King, Marvel Comics, dt. Ausgabe Heyne