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Fafhrd und der Graue Mausling

Fafhrd und der Graue Mausling, zwei Antihelden des Fantasygenres Sword & Sorcery, wurden von den Autoren Fritz Leiber und Harry Otto Fischer erschaffen. Sie waren als ironischer Gegenentwurf zu Robert E. Howards Conan gedacht, da der Cimmerier sich doch ohne Humor durch die Welt metzelte.

Alle Abbildungen © Cross Cult

Obwohl kommerziell nie so erfolgreich wie Howards Conan, hatten die Geschichten großen Einfluss auf erfolgreiche Bestsellerautoren wie Terry Pratchett (Scheibenwelt) und Neil Gaiman (Sandman, American Gods). Fischer trug nur ein längeres Fragment bei, Leiber schrieb den Großteil aller Geschichten, die letzte erschien 1988.

In den frühen 1990ern wollte Mike Mignola einige Geschichten des Autors adaptieren und fragte Autor Howard Chaykin, ob dieser für ihn die Texte schreiben wolle. Chaykin hatte bereits in den 1970ern an eine Adaption verfasst und sagte auch dieses Mal zu. Es wurden diesmal sieben Geschichten umgesetzt, von denen drei lose miteinander verknüpft sind und die in Textform zwischen acht bis dreißig Seiten lang waren. Einige der Geschichten gelten als Klassiker des Sword-and-Sorcery-Genres, andere waren nicht mehr als Fragmente, die von Mignola und Chaykin aufpoliert, wenn nicht gar verbessert wurden.

Das merkt man zum Beispiel an der Geschichte Der heulende Turm, die im Original acht Seiten umfasst, recht schnell die Erkundung eines verfallenen Turms behandelte und dann auch schnell vorbei ist. Im Gedächtnis blieb mir diese Geschichte nicht, was vor allem auch an Leibers ausschweifendem und distanziertem Stil liegt. Leiber versuchte selten, Atmosphäre durch äußere Einflüsse, wie zum Beispiel unheimliche Geräusche, zu erschaffen und schrieb lieber seitenweise Schachtelsätze, die sich meistens um Kleinigkeiten drehten, ohne dass die Charaktere auch nur einen Schritt in den Turm setzten. Das las sich sperrig und brachte auch die Handlung und Helden wenig voran. Spannende Entwicklungen wie etwa das plötzliche Erscheinen eines Monsters beschrieb er oft sehr kurz und ohne Aufbau.

Mignola hingegen benutzt dagegen das Medium, um genau die Atmosphäre zu erzeugen, die in den originalen Geschichten fehlt. Der heulende Turm wird in dieser Version eine atmosphärische Geschichte über Verfall und Wahnsinn, die von Details wie an der Decke herunterhängenden Hundekadavern oder den von Mignola geliebten Schwarzflächen lebt.  Letztere hüllen in dieser Geschichte alles in Dunkelheit und heben nur die wichtigsten Möbelstücke hervor, was einerseits die Bilder auf das Wesentliche reduziert, andererseits der Geschichte eine unwirkliche Atmosphäre gibt.

Von solchen Details abgesehen, ist der Ton der Geschichten gemäß der Vorlage sehr ironisch, kann aber dank Mignolas Zeichnungen ohne Probleme ins Düstere abschweifen – und das funktioniert meist hervorragend. In der ersten Geschichte machen sich Fafhrd und Mausling für eine finale Konfrontation bereit. Sie holen ihre Waffen, und als sie das Lager ihrer Feinde stürmen, verursachen sie ein Feuer und treten als schattenhafte Gestalten aus diesem hervor. Sie wirken wie dunkle Dämonen, die direkt aus der Hölle gekommen sind, um die Mörder ihrer Geliebten zu bestrafen. Das ist atmosphärisch und zeigt mal wieder, dass Mignola schon vor Hellboy sein Handwerk verstand und eine Geschichte in Bildern erzählen konnte.

Die einzige Adaption, die nicht gelungen ist, ist die vorletzte Geschichte: Schwere Zeiten in Lankhmar. Leiber vertieft in dieser Erzählung das Glaubenssystem seiner Welt und parodiert gleichzeitig organisierte Religionen und das Geschäft um den Glauben. Sein ausführlicher, schwafelnder Stil funktionierte in dieser Geschichte ausnahmsweise, da er ausführlich die Hintergründe beleuchtet, die für die Geschichte wichtig waren. Er beleuchtet nicht nur die Motivationen der Figuren, sondern auch die direkten wie indirekten Folgen ihrer Handlungen. Chaykin und Mignola nehmen nur die grobe Handlung und machen daraus eine nette Geschichte, die sich ganz unterhaltsam liest, aber ihr keine Tiefe gibt.

Die Schreibe von Autor Howard Chaykin ist in Ordnung. Seine Dialoge treiben die Handlung einigermaßen voran und erklären einige Zusammenhänge, die sich aus den Bildern nicht erschließen. Fafhrd und den Mausling schreibt er als wortgewandte, ironische Schurken, die meistens erst mit dem Unterleib und dann mit dem Kopf denken. Das ist genauso solide wie seine Dialoge, aber ich würde ihn nicht als das Highlight der Serie bezeichnen. Wer diesen Band liest, wird ihn nicht wegen aufregender Wortwitze lesen. Mein einziger wirklicher Kritikpunkt ist tatsächlich, dass dieser Adaption von Fahrd und dem Grauen Mausling kein Ende hat. Nach der letzten Geschichte ist es vorbei – und dann kam nichts mehr. Eine Adaption des Romans Swords of Lankhmar (dt. Schwerter von Lankhmar) hätte sich hier wirklich angeboten, gerade weil die Geschichte so verrückt und episch war und einem Finale der Serie am nächsten kam.

Der vorliegende Band ist eine Neuauflage von Cross Cult. Der Verlag hatte die Geschichten bereits 2007 veröffentlicht. In der vorliegenden Hardcoverausgabe hat sich nur das Format geändert, das etwas größer geworden ist. Alle Extras der ersten Auflage sind hier ebenfalls enthalten. Dazu gehören ein Vorwort Howard Chaykins und ein Nachwort Mike Mignolas sowie ein längerer Artikel über Fritz Leibers Werk, verfasst von Christian Endres. Das größere Format bringt Mike Mignolas Zeichnungen noch besser zum Ausdruck und macht sich auch schön im Regal. Mein einziger Kritikpunkt an dieser Ausgabe ist, dass der Text von einigen Sprechblasen verrutscht ist, sich also nicht in der Mitte befindet. Davon abgesehen, liest sich die Übersetzung sehr unterhaltsam und gibt den ironischen Humor der Texte sehr gut wieder.

Herausragend gezeichnete Adaption alter Fantasygeschichten

8von10Fafhrd und der graue Mausling
Cross Cult, 2020
Text: Howard Chaykin
Zeichnungen: Mike Mignola
Übersetzung: Matthias Wieland
205 Seiten, Farbe, Hardcover
Preis: 35,00 Euro
ISBN: 978-3-96658-246-9
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